Analyse Auf den Brexit könnte schnell ein "Swexit" folgen

Stockholm · Sollte Großbritannien die EU verlassen, würde wohl eine Mehrheit der Schweden ebenfalls bei einem Referendum für einen Austritt stimmen. Auch in Dänemark kippt die Stimmung. Hier machen die Rechtspopulisten neuerdings Stimmung für eine mögliche Abkehr von Brüssel.

Die bevorstehende Volksabstimmung der Briten am 23. Juni über einen möglichen EU-Austritt zeigt auch in den EU-Nationen Schweden und Dänemark deutliche Auswirkungen. So ist in Schweden die Zustimmung zur eigenen EU-Mitgliedschaft innerhalb eines halben Jahres erdrutschartig gefallen.

Eine große Umfrage des öffentlich-rechtlichen schwedischen Fernsehens SVT ergab Ende April, dass nur noch 39 Prozent der Schweden es für eine gute Idee halten, dass ihr Land in der EU ist. Das sind 20 Prozentpunkte weniger als noch im Herbst, als 59 Prozent die EU-Mitgliedschaft befürworteten. 21 Prozent halten die EU-Mitgliedschaft Schwedens für eine "schlechte Idee". Der Rest ist sich unsicher.

Bei einem Referendum zum EU-Verbleib würden derzeit noch 44 Prozent der Schweden für eine Fortsetzung der Mitgliedschaft stimmen, 32 Prozent wären dagegen. Sollten sich die Briten dagegen für den Austritt entscheiden, würde die Stimmung auch in Schweden kippen. Mit 36 Prozent würde dann eine relative Mehrheit für einen Austritt Schwedens stimmen, nur 32 Prozent wären für einen Verbleib in der Union. Allerdings sind sich auch in diesem Szenario 32 Prozent der Wähler noch unsicher.

Forscher vermuten, dass der Meinungsumschwung auch mit der Flüchtlingskrise zu tun hat, in der die EU kläglich versagt habe. Schweden hat gemessen an seinen zehn Millionen Einwohnern noch vor Deutschland die meisten Flüchtlinge aufgenommen, während andere EU-Länder sich verbarrikadierten. "Die Bürger hören auf ihre Volksvertreter, und in Schweden gab es von denen viel Kritik an der EU-Flüchtlingspolitik", sagt Politologe Göran von Sydow.

"Die Meinungswerte zeigen vor allem, dass die Unsicherheit im Volk bezüglich der EU markant gestiegen ist, wenn auch die meisten noch nicht zur Nein-Seite gewechselt sind. Zumindest vorerst nicht", sagt von Sydow. Ein EU-Austritt Schwedens scheint demnach zwar unwahrscheinlich, aber völlig ausschließen könne man langfristig nichts. Fast alle Parteien im schwedischen Parlament stehen zwar fest hinter der EU. Aber das taten sie auch beim Referendum zur Einführung des Euro 2003, und die Bürger stimmten trotzdem dagegen. "Mit einem britischen EU-Austritt würde Schweden den einzigen großen Alliierten verlieren, der ebenfalls eine eigene Währung hat und eine sehr ähnliche EU-Politik verfolgt wie wir Skandinavier", sagt von Sydow.

Ähnliches gilt auch für das mit 5,7 Millionen Einwohnern noch kleinere Dänemark. Dort hat die rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DF) ihre ohnehin schon EU-skeptischen Positionen verschärft. Bislang hat die DF die EU-Mitgliedschaft Dänemarks grundsätzlich unterstützt. Damit könnte bei einem Nein der Briten Schluss sein. "Dann müssen wir erwägen, ob Dänemark weiterhin EU-Mitglied sein soll. Wenn ein Land, mit dem wir zusammen in die EU gegangen sind, austritt, müssen auch wir überlegen, wo wir stehen", sagte der EU-Abgeordnete der DF, Kenneth Kristensen Berth.

(RP)
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