Eröffnung in Straßburg Erster "Weltkongress gegen die Todesstrafe"

Straßburg (rpo). Mit scharfer Kritik an den USA hat am Donnerstag in Straßburg der erste Weltkongress gegen die Todesstrafe begonnen. Teilnehmer sind mehr als hundert Abgeordnete, Juristen, ehemalige Todeskandidaten, Schriftsteller und Menschenrechtler.

Der Generalsekretär des Europarats, Walter Schwimmer, erklärte, die Hinrichtungspraxis in den Vereinigten Staaten sei moralisch verwerflich und trage nicht zur Verbrechensbekämpfung bei.

Schwimmer erinnerte an an den Spanier Joaquin Jose Martinez, der in Florida 37 Monate lang in der Todeszelle gesessen habe und jetzt in einem neuen Prozess freigesprochen worden sei. "Was wäre passiert, wenn die Hinrichtung vor einigen Jahren nicht aufgeschoben worden wäre", fragte er: "Würde irgendjemand glauben, diese Hinrichtung sei Gerechtigkeit gewesen?"

3.700 Verurteilte warteten derzeit in den Todestrakten von US-Gefängnissen, sagte der Generalsekretär des Europarats. Wenn die Todesstrafe ein Instrument zur Bekämpfung der Kriminalität wäre, "wären die Vereinigten Staaten ein Land ohne Verbrechen und Gewalt". Ziel müsse die weltweite Abschaffung der Todesstrafe sein, betonte Schwimmer: "Tod kann nie Gerechtigkeit sein."

Der dreitägige Kongress wird von dem Verband "Gemeinsam gegen die Todesstrafe" organisiert und vom Europarat und dem Europäischen Parlament unterstützt. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat seine Teilnahme an der Veranstaltung aus terminlichen Gründen abgesagt, schickt aber ein Grußwort.

Auf Initiative des Franzosen Raymond Forni wollen die Präsidenten nationaler Parlamente und der EU am (morgigen) Freitag einen Appell verabschieden, der die weltweite Aussetzung von Hinrichtungen als ersten Schritt zur völligen Abschaffung der Todesstrafe fordert.

Der Präsident der Pariser Nationalversammlung, Forni, sagte, die Volksvertreter hätten eine Verantwortung auch für die USA. "Unsere Aufgabe ist es, die allgemeingültigen Freiheiten und Rechte zu fördern", sagte der Sozialist dem Radio "France Info". Die Präsidentin des Europaparlaments, Nicole Fontaine, betonte, kein Land, in dem es die Todesstrafe gebe, könne Mitglied der EU werden.

Nach Angaben der Organisatoren des Kongresse hat weltweit etwa die Hälfte aller Staaten die Todesstrafe abgeschafft oder seit mindestens zehn Jahren keine Hinrichtung mehr vollzogen. Im letzten Jahr seien 1.457 Gefangene in 28 Ländern hingerichtet worden, 88 Prozent von ihnen allein in China.

(RPO Archiv)
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