EU arbeitet mit Hochdruck an eigener Sicherheitspolitik Erste Ratssitzung unter portugiesischer Führung

Brüssel (AP). Die Europäische Union arbeitet mit Hochdruck an der Gestaltung ihrer eigenen Sicherheitspolitik. Bei der ersten Ratssitzung der EU-Außenminister unter portugiesischer Präsidentschaft wurde deutlich, dass bis zum Juni-Gipfel in Lissabon die institutionellen Vorarbeiten für die Befähigung zum Krisenmanagement abgeschlossen werden sollen. Für Ende Februar lud der portugiesische Außenminister Jaime Gama die EU-Verteidigungsminister zu einer Sondersitzung nach Lissabon ein. Die Mehrheit der Außenminister sprach sich dafür aus, dem zivilen Krisenmanagement den gleichen Rang wie dem militärischen einzuräumen.

Gama und EU-Außenkommissar Chris Patten betonten die Notwendigkeit, neben der Fähigkeit zu militärischem Krisenmanagement auch Strukturen für zivile Interventionen aufzubauen - wie die Entsendung von Polizeieinheiten, die Vorbereitung von Wahlen, die Organisation von Grenzkontrollen und Minenräumung. Auch der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Christoph Zöpel, unterstrich: "Der Einsatz militärischer Mittel kann immer nur Ultima Ratio sein." Der britische Außenminister Robin Cook mahnte in diesem Zusammenhang: "Jeder Militärintervention, die wir in Zukunft unternehmen, geht ein Versagen unserer Präventionspolitik voraus." Gama kündigte an, dass die Verteidigungsminister auch an der Sitzung der Außenminister Mitte März teilnehmen sollten.

Der EU-Gipfel in Helsinki im Dezember hat beschlossen, bis 2003 eine eigene europäische Krisenreaktionstruppe im Umfang von bis zu 60.000 Soldaten aufzubauen, die innerhalb von 60 Tagen eingreifbereit sein soll. Unter portugiesischer Präsidentschaft sollen dafür die organisatorischen Grundlagen geschaffen werden, beispielsweise die Einberufung provisorischer sicherheitspolitischer Ausschüsse bis März, die Klärung der Beziehungen zur Nato und zu Drittstaaten sowie und eine Prüfung der Frage, ob der EU-Vertrag geändert werden muss. Patten forderte die Schaffung eines Fonds für kurzfristiges Krisenmanagement.

Gama unterstrich die transatlantische Zusammenarbeit: "Wir legen größten Wert auf die Beziehungen der EU zu Nato." Auch Cook forderte sicher zu stellen, dass die sechs Nato-Staaten, die nicht Mitglied der EU seien, mit allen Beschlüssen zu EU-eigenen Intervention leben könnten - ob sie an der konkreten Militäroperation teilnehmen wollten oder nicht. Zöpel erinnerte daran, dass die kollektive Verteidigung Aufgabe der Nato bleibe. Die EU habe nicht vor, zur "Neben-Nato" zu werden. "Sie muss aber mittelfristig selbstständig in der Lage sein, auf unserem Kontinent sicherheitspolitisch zu agieren."

Themen der Ratssitzung waren außerdem die Beziehungen der EU zu Russland nach dem Rücktritt von Präsident Boris Jelzin und vor dem Hintergrund des Tschetschenien-Krieges. Möglichen Sanktionen gegen Russland standen die Außenminister eher ablehnend gegenüber. Außerdem wollten die Außenminister über die Beziehungen zur nunmehr offiziellen Beitrittskandidatin Türkei, über den Wiederaufbau des Balkan sowie über den Nahost-Friedensprozess beraten. Zum Mittagessen erwarteten sie den palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat.

(RPO Archiv)
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