Städtetag fordert mehr Geld für Nahverkehrs-Ticket Wie NRW vom Entlastungspaket profitiert

Düsseldorf · Die Ampel will Senioren mit 300 Euro unterstützen, Studierende mit 200 Euro. Das lobt der NRW-Städtetag. Ökonomen kritisieren die Steuer auf „Zufallsgewinne“, die der Bund für RWE und Co. plant. Städte und DGB fordern vom Land Tempo beim Nahverkehrs-Ticket.

Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner erläutern das Entlastungspaket.

Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner erläutern das Entlastungspaket.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Das von der Bundesregierung geschnürte Entlastungspaket stößt in Nordrhein-Westfalen auf ein geteiltes Echo. „Die Städte begrüßen, dass sich die Ampelkoalition auf ein drittes Entlastungspaket verständigt hat. Die Maßnahmen helfen, Belastungen der Bürger und der Wirtschaft zu reduzieren“, sagte Thomas Kufen, Vorsitzender des Städtetages NRW und Oberbürgermeister von Essen, unserer Redaktion. Positiv zu bewerten seien etwa die Einmalzahlungen für Studierende und Rentner. Der Koalitionsausschuss hatte sich nach 18 Stunden langen Beratungen auf ein 65 Milliarden Euro schweres Entlastungspaket verständigt. „Deutschland steht zusammen in einer schwierigen Zeit“, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung: „Wir werden als Land durch diese schwierige Zeit kommen.“

So sollen Rentner zum 1. Dezember eine Energiepauschale von 300 Euro erhalten, die versteuert werden muss. Studierende sollen eine Pauschale von 200 Euro erhalten. Das begrüßte der Sozialverband VdK: „Dieses Mal sind die Rentner nicht vergessen worden“, sagte NRW-Chef Horst Vöge. Rentner und Studierende gehen bei der Zahlung im September noch leer aus. Anja Weber, NRW-Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), lobte: „Das Paket ist ein klares Signal der Solidarität. Entscheidend bleibt bei allen Maßnahmen, dass sie zeitnah bei den Menschen und den Unternehmen ankommen.“

Kufen begrüßte weitere Hilfen für Bedürftige: „Es ist gut, dass der Heizkostenzuschuss dauerhaft fest im Wohngeld verankert wird. Das haben wir als Städte schon lange gefordert.“ Die geplante Erhöhung des Kindergeldes hätte aus seiner Sicht höher ausfallen sollen: „Die Kindergeld-Erhöhung um 18 Euro wird Familien mit Kindern helfen. Sie wäre aber besser höher ausgefallen, um die besonderen Belastungen von Familien abzufedern“, sagte der Vorsitzende des NRW-Städtetags.

Darüber hinaus hat die Ampel eine Strompreisbremse beschlossen: Den Privathaushalten wird eine bestimmte Menge Strom zu einem vergünstigten Preis zugestanden. Finanziert werden soll dieser Basisverbrauch, indem der Staat sogenannte Zufallsgewinne der Stromerzeuger abschöpft. Dazu will die Bundesregierung einen Höchstpreis für Erlöse am Spotmarkt für Strom festlegen. Setzen RWE und Co. wegen hoher Großhandelspreise mehr um, müssen sie den Differenzbetrag an den Staat abführen. Die Grünen fordern seit Langem eine solche Übergewinnsteuer, die FDP hatte sie bislang abgelehnt.

Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, warnte: „Der Begriff der Zufallsgewinne ändert nichts an der ordnungspolitischen Fragwürdigkeit.“ Alles in allem sei das eine vage Lösung, deren Volumen und Wirkung unklar bleibe. Dem NRW-Städtetag hingegen geht die Strombremse nicht weit genug: „Die vorgesehene Strompreisbremse ist gut und richtig. Doch darüber hinaus hätten wir uns eine Gaspreisbremse gewünscht. Denn für viele Menschen sind gerade die stark steigenden Gaspreise besonders belastend“, sagte Thomas Kufen.

Beim Neun-Euro-Ticket sehen Städte und DGB nun vor allem die Landesregierung in der Pflicht. „Wir brauchen eine Nachfolgelösung für das Neun-Euro-Ticket, um das Fahren mit Bussen und Bahnen attraktiver zu machen. Dafür geht der Bund jetzt einen Schritt auf die Länder zu, indem er 1,5 Milliarden Euro in die Hand nimmt. Jetzt müssen die Länder mindestens die gleiche Summe drauflegen“, forderte Kufen. Auch DGB-Chefin Weber fordert mehr Einsatz des Landes: „Die Landesregierung muss jetzt zügig ihren Teil beitragen, um die konkrete Umsetzung im öffentlichen Personennahverkehr zeitnah zu realisieren.“

Mit Sorge blicken die Kommunen auf die prekäre Lage ihrer Stadtwerke: „Für die Stadtwerke wachsen die Risiken derzeit immens: Wir rechnen auch mit immer mehr Zahlungsproblemen bei privaten Endkunden und Handwerksbetrieben“, warnte Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetags NRW. Zugleich könnten die Stadtwerke steigende Preise in vielen Fällen nicht an die Fernwärme- und Festvertragskunden weitergeben: „Stadtwerke müssen unter einen Rettungsschirm von Bund und Ländern.“

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