Empörte Libyer vertreiben Salafisten-Milizen

Bengasi Die arabische Welt steht vor einer großen Konfrontation zwischen den islamisch-konservativen Parteien und den radikalen Salafisten. Die Frontlinie in Ägypten, Libyen und Tunesien verläuft dabei zwischen der Mehrheit der Gesellschaft und den Salafisten.

Deutlich wurde diese neue Entwicklung am Wochenende im libyschen Bengasi. In der Nacht zum Samstag vertrieben Tausende von aufgebrachten Libyern die Salafisten-Miliz Ansar al Scharia aus Bengasi. Zwei weitere ultra-konservative Kampfgruppen kündigten daraufhin an, aus der Islamisten-Hochburg Derna im Osten des Landes abzurücken und sich aufzulösen.

Die Armee setzte zugleich allen Milizen und sonstigen bewaffneten Gruppen ein Ultimatum. Binnen 48 Stunden müssten sie in Tripolis und Umgebung sämtliche Kasernen, staatliche Einrichtungen und Anwesen von Vertretern der ehemaligen Führung unter Muammar Gaddafi räumen.

Seit dem Sturz Gaddafis vor über einem Jahr kontrollieren zahlreiche von den Golfstaaten modern bewaffnete salafistische Milizen große Teile Libyens. Die meisten agieren losgelöst von staatlichen Autoritäten. Armee und Polizei sind noch zu schwach, um im ganzen Land für Sicherheit zu sorgen.

Die Wut in der Bevölkerung auf diese Milizen eskalierte nach den Übergriffen auf das US-Konsulat in Bengasi, bei denen der Botschafter sowie drei weitere Diplomaten getötet wurden. Zehntausende Teilnehmer an einer "Rettet Bengasi"-Demonstration marschierten zum Hauptquartier von Ansar al Scharia, einer Gruppierung, die auch mit dem Angriff auf das Konsulat in Verbindung gebracht wird. Deren Kommandeur befahl nach einem kurzen Wortgefecht den Rückzug.

"Ich will einfach diese Typen hier nicht mehr sehen, die mich, auf afghanische Art gekleidet, anhalten und mir Befehle erteilen. Ich möchte hier Menschen in regulärer Uniform", sagte der Student Omar Muhammad, der geholfen hatte, das Ansar-al-Scharia-Hauptquartier zu übernehmen.

Bei einer anderen Miliztruppe kam es zu einem Schusswechsel, bei dem drei Menschen starben, bevor auch diese Kasernenanlage von Polizei und Militär besetzt werden konnte. "Jetzt kommt der arabische Sommer", wurde daraufhin hoffnungsvoll aus Bengasi im Internet verbreitet.

(RP)
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