Einsatz billiger Brustimplantate vor allem in NRW

Berlin In Nordrhein-Westfalen sind überdurchschnittlich viele Frauen vom Silikon-Skandal betroffen. Wie das NRW-Gesundheitsministerium gestern bestätigte, haben allein 25 medizinische Einrichtungen im Land die mit gesundheitsgefährdendem Industrie-Silikon gefüllten Implantate eingesetzt. Im Regierungsbezirk Düsseldorf sollen es neun Kliniken und sechs Arztpraxen sein.

Im Mittelpunkt des Skandals steht der mittlerweile insolvente französische Medizingerätehersteller PIP. Die Firma hat offenbar aus Kostengründen Brustimplantate mit Industrie-Silikon befüllt, das unter dem Verdacht steht, Krebs auszulösen. Die Gesundheitsbehörden raten allen Betroffenen, die Implantate wieder entfernen zu lassen. Nach Expertenschätzungen sind es deutschlandweit bis zu 10 000 Fälle.

Das Herausnehmen der Implantate und das Einsetzen neuer Kissen könne bis zu 6000 Euro kosten, hieß es von Seiten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Kassen müssen nur dann die Kosten für die Operation voll übernehmen, wenn sich die Frau aus medizinischen Gründen, also beispielsweise nach einer Brustkrebserkrankung, die Implantate hat einsetzen lassen. In den anderen Fällen müssen die Krankenkassen die Patientinnen an den Kosten beteiligen. Dies gilt für 75 bis 80 Prozent der Betroffenen. Das Gesetz sieht allerdings Spielraum vor: Die Kassen sollen nach finanzieller Lage der Frauen entscheiden. Die AOK Rheinland/Hamburg hat angekündigt, die Regelung großzügig auszulegen.

Unterdessen ist eine Debatte über mehr Sicherheit bei Medizinprodukten entbrannt. Die Implantate hatten ein TÜV-Siegel. Aber offenbar hatte der Hersteller den TÜV Rheinland hinters Licht geführt. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery forderte eine Weiterentwicklung der bisherigen Sicherheitsstandards. Das Gesundheitsministerium verwies darauf, dass nicht die Gesetze, sondern nur die Kontrollen verschärft werden müssten. Bund und Länder wollen nächste Woche über schnellere Informationswege zur Warnung vor gefährlichen Medizinprodukten beraten. Die gesundheitsschädigende Wirkung der PIP-Implantate ist seit April 2010 offiziell bekannt.

(RP)
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