Streit um Grundgesetzänderung Einigung bei Digitalpakt in Sicht

Berlin · Für die Digitalisierung von Schulen liegt ein Kompromiss vor. Der Bund kann die Verteilung des Geldes eingeschränkt überprüfen.

 An vielen Schulen ist der Einsatz digitaler Technik im Unterricht schon Standard. Der Bedarf an einer umfangreicheren Ausstattung ist in Deutschland dennoch weiterhin hoch.

An vielen Schulen ist der Einsatz digitaler Technik im Unterricht schon Standard. Der Bedarf an einer umfangreicheren Ausstattung ist in Deutschland dennoch weiterhin hoch.

Foto: pa/obs Wissensfabrik - Unternehm/Frank Daum

Seit fast zwei Jahren warten Schüler, Lehrer und Eltern darauf, dass der Bund die versprochenen fünf Milliarden Euro zur Digitalisierung der Schulen an die Länder überweisen kann. Nun steht endlich eine Lösung im komplizierten Streit um die geplante Grundgesetzänderung bevor. Das war am Dienstag aus Fraktionskreisen zu vernehmen.

Demnach werden sich der Bund und die Länder an diesem Mittwochabend im Vermittlungsausschuss voraussichtlich darauf verständigen, dass die Länder zusätzlich zu den Bundesmitteln eigenes Geld zur Verfügung stellen müssen. Eine bestimmte Höhe wird nicht festgelegt. Zugleich erhält der Bund Kontrollmöglichkeiten, damit er die Vergabe des Geldes an die Schulen prüfen kann.

Nach der Blockade des Beschlusses durch die Länder im vergangenen Dezember war Streit über den Digitalpakt entbrannt. Während die CDU-regierten Länder eine Grundgesetzänderung insgesamt kritisch sahen und zu starke Eingriffe in die Bildung als ihr Hoheitsrecht fürchteten, kritisierten die SPD-regierten Länder vor allem eine Quotenregelung bei der Finanzierung. Über beide Punkte gibt es nun offenbar eine Einigung.

So soll der Bund die Vergabe der geplanten fünf Milliarden Euro an die Länder durch Akteneinsicht und die Anforderung von Berichten kontrollieren können. Das geht aus einem Beschlussentwurf für den Vermittlungsausschuss hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Demnach sollen die strittigen Sätze 2 und 3 des Artikel 104c Grundgesetz die folgende Fassung erhalten: „Zur Gewährleistung der zweckentsprechenden Mittelverwendung kann die Bundesregierung Berichte und anlassbezogen die Vorlage von Akten verlangen.“ Bund und Ländern haben sich dem Vernehmen nach auf diese Formulierung bereits geeinigt. Außerdem ist die ursprünglich enthaltene Regelung, wonach die Länder die Bundesmittel in derselben Höhe hätten ergänzen müssen, vom Tisch. Zudem soll im Grundgesetz festgeschrieben werden, dass der Bund nur zeitlich begrenzt finanzielle Mittel für die kommunale Bildungsinfrastruktur zur Verfügung stellt.

Ronja Kemmer, Mitglied der Arbeitsgruppe für die Unionsfraktion, sagte dazu, für die CDU/CSU sei es  wichtig, dass es nur eine Verfassungsänderung geben könne, durch die nur Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur gefördert würden und keine allgemeine Finanzierung von Personalkosten. Fraglich blieb bis zuletzt aber, ob die Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern bei diesen Kompromissen mitgehen würden. Sie hatten zunächst einen Digitalpakt ohne Grundgesetzänderung verlangt. Aber auch sie haben sich bewegt. „Da Nordrhein-Westfalen den Kompromiss auch durch den Ministerpräsidenten persönlich verhandelt und zum Erfolg geführt hat, stimmen wir natürlich zu“, sagte ein  Sprecher von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Das Ziel sei erreicht: Das Geld des Digitalpakts komme schnell in die Schulen, ohne dass die Grundarchitektur des Grundgesetzes verschoben werde. „Der Bildungsföderalismus bleibt erhalten“, erklärte der Sprecher. Am Dienstagabend sollte die Gesetzesformulierung endgültig erarbeitet und am Mittwochmorgen dem Vermittlungsausschuss vorgelegt werden.

Angesichts dessen zeigten sich alle Seiten optimistisch, am Mittwochabend zu einem Beschluss zu kommen. Bremens Regierungschef Carsten Sieling (SPD) sagte, er erwarte eine Lösung, es sei höchste Zeit. Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) rief die Beteiligten dazu auf, die  unterschiedlichen Interessen hinten anzustellen und zu einer Einigung zu kommen. Die Vorsitzende des Vermittlungsausschusses, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), begrüßte die Kompromisslinie: „Wir haben mit dem, was die von uns eingesetzte Arbeitsgruppe vorbereitet hat, eine gute Grundlage für die Diskussion im Vermittlungsausschuss“, sagte sie unserer Redaktion. Sie sei zuversichtlich, zu einer guten Einigung zu kommen. Unterdessen drückte der Lehrerverband aufs Tempo. „Das ist die letzte Chance, zum nächsten Schuljahr die geplanten Investitionen auch tatsächlich für die Schulen zu tätigen“, sagte Verbandschef Heinz-Peter Meidinger. Er verwies darauf, dass Kommunen und Ländern den Bedarf der Schulen bereits abgefragt hätten. „Wenn der Startschuss für die Mittelvergabe fällt, könnten Länder und Kommunen endlich loslegen.“

(jd/mar/qua)
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