Wegen Notbremse und Impfungen Ein Testfall für die Testzentren

Düsseldorf · Schärfere Regeln für den Handel und Probleme bei Schnelltests für Geimpfte erschweren den Anbietern das lukrative Geschäft. Die Politik denkt über neue Einsatzmöglichkeiten nach.

 Eine Frau lässt sich in einem Corona-Schnelltest-Zentrum mit einem Nasenabstrich auf das Coronavirus testen.

Eine Frau lässt sich in einem Corona-Schnelltest-Zentrum mit einem Nasenabstrich auf das Coronavirus testen.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Die Kommunen drängen darauf, weitere Bereiche an einen negativen Corona-Test zu binden, um so die Zukunft der Testzentren zu sichern. So sagte der Vorsitzende des Städtetags NRW, Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen, unserer Redaktion, das Handelsangebot in Verbindung mit einem Test werde nur spärlich nachgefragt. Clausen äußerte die Sorge, dass viele Testzentren bald wieder schließen könnten, wenn nicht ausreichend Testwillige kämen. Man müsse sich überlegen, wie man den Menschen ein attraktives Angebot mache. „Wir diskutieren bei uns in der Verwaltung, ob wir den Zutritt zu den Behörden an einen tagesaktuellen Test knüpfen“, sagte Clausen.

Aktuell sehe die Corona-Schutzverordnung eine Koppelung des Ämtergangs an einen tagesaktuellen Test nicht vor, erklärte eine Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums. „Soweit einzelne Kommunen eine solche Regelung vorgesehen haben, muss immer eine Ausnahme in akuten Fällen möglich sein, beziehungsweise in Fällen, in denen ein Test aus persönlichen Gründen nicht möglich ist.“

Wenn die Testzentren jedoch weiter Bestand haben sollen, muss etwas geschehen. Denn die bundesweite Corona-Notbremse hat die Möglichkeit beim Termin-Shopping noch einmal deutlich eingeschränkt. NRW vertrat bislang den Standpunkt, dass unabhängig von der Inzidenz alle Städte eine Test-Option ziehen können. Das ist fortan nur noch bis zu einer Inzidenz von 150 möglich. In NRW lagen am Montag gerade einmal 13 von 53 Kreisen und kreisfreien Städten unter diesem Wert.

Nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums gab es im Land Anfang März 1862 Teststellen, in denen 73.162 Bürger getestet wurden. Innerhalb von sechs Wochen schnellte deren Zahl auf 7462 Teststellen und 1,3 Millionen getestete Bürger hoch.

Für diesen Anstieg gibt es einen Grund. Ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL) erklärte, den Testzentren werde der Aufwand mit zwölf Euro je Test entgolten, an Sachkosten würden sechs Euro ersetzt. Hinzu komme je eröffnetem Testzentrum ein Pauschalbetrag des Landes von 1000 Euro. „Das ist nicht unattraktiv“, so der Sprecher. Ein Antigen-Schnelltest ist im Einkauf in der Regel billiger. Bei Großbestellungen liegen die Preise derzeit zwischen 2,50 und 5 Euro – abhängig vom Hersteller und Anbieter des Tests. Es gibt aber auch Unternehmen, die Tests für über sechs Euro das Stück verkaufen.

Ob es eine Marktbereinigung im Zuge der neuen Regelungen gebe, sei schwer abzuschätzen, sagt der Sprecher der KVWL. „Derzeit gehen wir bei den Testungen erst einmal von einer weiter steigenden Tendenz aus.“ Ähnlich äußerte sich eine Sprecherin des Landkreistags.

Über 3500 Testeinrichtungen und Teststellen rechnen aktuell über die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) ab. Insgesamt werde die KVNO im Monat April rund 26 Millionen Euro an die Leistungserbringer der Testverordnung ausschütten, teilte sie mit. Mit Blick auf die Zukunft der Testzentren erklärte ein Sprecher der KVNO, grundsätzlich dürfte die Struktur insbesondere freier Testanbieter auch marktwirtschaftlichen Kriterien unterliegen.

Die Testzentren stehen zudem vor einem weiteren Problem, das sich negativ auf ihre Geschäftsgrundlage auswirken dürfte: Gesundheitsstaatssekretär Edmund Heller wies jüngst im Gesundheitsausschuss des Landtags auf ein Problem mit den Schnelltests bei Geimpften hin. Bei ihnen sei die Viruslast so gering, dass die PoC-Tests negativ ausgingen, erläuterte der Staatssekretär. Auf die Frage, welche Folgen dies für den Fortbestand der Testzentren habe, verwies das Ministerium darauf, die Frage der Erkenntnisse von PoC-Tests bei Geimpften und die Folgen daraus würden derzeit auch zwischen den Ländern diskutiert. „Mit Blick auf die neuen bundeseinheitlichen Regelungen wäre hier auch eine abgestimmte Regelung im Umgang mit der Testpflicht für Geimpfte sinnvoll“, heißt es.

Die Opposition will, dass das Land seine Teststrategie neu ausrichtet. So forderte Josef Neumann, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, eine viel dezentralere und kleinteiligere Test-Infrastruktur: „Nicht die Menschen müssen zu den Tests, sondern die Tests müssen zu den Menschen kommen.“ Viele Testzentren seien oft nicht fußläufig zu erreichen und auch nicht dort angesiedelt, wo viele Menschen automatisch und oft vorbeikämen.

„Um eine flächendeckende Versorgung und Nutzung zu ermöglichen, brauchen wir daher viele kleine Teststationen. Ich denke da beispielsweise an die sozialen Beratungszentren oder die Quartierszentren. Auch mobile Testteams müssen viel mehr zum Einsatz kommen“, sagte Neumann. Die Grünen fordern derweilen in einem Antrag Änderungen an der Corona-Schutzverordnung. So solle eine echte Testpflicht für Beschäftigte und nicht nur ein Testangebot eingeführt werden. Zudem müsse die Test-Option für die Kommunen gestrichen werden, fordern sie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort