Manchester Ein stiller Typ mit "hasserfülltem Gesicht"

Manchester · Kaum jemand in Manchester kann sich an den 22-jährigen Attentäter erinnern. Allerdings gibt es Parallelen zum Täter von Westminster.

Stündlich kommen mehr Details zu Salman Abedi, dem jungen Attentäter von Manchester mit libyschen Wurzeln, ans Licht. Mindestens 22 Menschen hat er vor einer Konzerthalle mit in den Tod gerissen. Besonders beunruhigend: Er war kein Einzeltäter. Die Polizei geht mittlerweile davon aus, dass eine größere Gruppe von Personen hinter der Tat steckt.

"Hier hat es noch nie Ärger gegeben", berichtet eine Nachbarin über den Gartenzaun hinweg. Sie lebt in der Elsmore Road in Manchester, in der auch Abedi in einem roten Backsteinhaus gewohnt haben soll. Das Haus mit dem kleinen Vorgarten ist weiträumig von der Polizei abgesperrt. Sie kenne den Attentäter nicht, sagt die Frau, die dort seit zwei Jahren lebt. Nach Medienberichten war Abedi in mehreren Wohnungen im Viertel registriert.

Abedi kam 1994 in Großbritannien zur Welt und wuchs in Manchester auf. Seine Eltern waren Berichten zufolge vor dem Gaddafi-Regime aus Libyen geflohen. Vor einigen Jahren sollen sie wieder in ihre nordafrikanische Heimat zurückgezogen sein. Abedi hat zwei Brüder und eine Schwester.

Der 22-Jährige war dem Geheimdienst bereits aufgefallen, wie Innenministerin Amber Rudd gestern einräumte, ohne Details zu nennen. Ihr französischer Kollege Gérard Collomb plauderte mehr aus: Der Brite habe sich nach einer Reise nach Libyen und dann wahrscheinlich nach Syrien radikalisiert und entschieden, den Anschlag zu begehen, sagte er dem Sender BFMTV.

Salman Abedis Vater und einer seiner Brüder, Ismail, hatten sich stark in der Gemeindearbeit der Didsbury-Moschee engagiert. Der Zugang zum Gotteshaus ist inzwischen unmöglich. Viele Polizisten schirmen die Moschee ab. Der Imam erinnert sich an Salmans Reaktion auf einen Vortrag von 2015, in der Terrororganisationen kritisiert worden seien. Mit einem "hasserfüllten Gesicht" habe ihn Salman damals angeschaut, zitierte die Zeitung "The Telegraph" den Geistlichen. Diese Person habe ihn definitiv nicht gemocht.

Der Attentäter war ein stiller Zeitgenosse, der unauffällig und zurückgezogen lebte. Ruhig, respektvoll, freundlich. So beschreiben ihn Menschen, die ihn von früher kennen. Mit wem hat er zusammengelebt? Womit hat er sein Geld verdient? Es gibt viele Fragen. Bekannt ist, dass er ein Wirtschaftsstudium an der Salford University in Manchester nach zwei Jahren abbrach.

Einiges erinnert an den Attentäter, der vor zwei Monaten den Anschlag im Londoner Regierungsviertel Westminster verübt hatte, den 52-jährigen Khalid Masood. Auch er lebte zurückgezogen, wurde von Nachbarn als freundlich und unauffällig bezeichnet. Seine dunkle Seite: Er war mehrfach verurteilt wegen schwerer Körperverletzung, unerlaubten Waffenbesitzes und Störung der öffentlichen Ordnung. Einem Mann hatte Masood im Streit sogar das Gesicht aufgeschlitzt. Wie Abedi war er dem Geheimdienst aufgefallen. Genützt hat es nichts: Masood tötete fünf Menschen.

(dpa)
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