Neu-Delhi/Düsseldorf Ein Gandhi soll die Regierungspartei führen

Indiens Ministerpräsident Manmohan Singh macht den Weg frei für einen personellen Umbruch an der Regierungsspitze nach der Parlamentswahl im Frühjahr. Der 81-Jährige forderte die Mitglieder seiner Kongresspartei gestern auf, den 38 Jahre jüngeren Rahul Gandhi zum Spitzenkandidaten zu ernennen. Er selbst werde nach einem Jahrzehnt als Regierungschef keine weitere Legislaturperiode im Amt bleiben, auch wenn die Abstimmung erneut gewonnen werden sollte, sagte Singh: "In ein paar Monaten, nach der Wahl, werde ich den Stab an den neuen Ministerpräsidenten überreichen." Er hoffe, dass Gandhi rasch nominiert werde. Am 17. Januar tritt der Parteivorstand zusammen.

Singhs Rückzug war erwartet worden. Die Partei war jüngst in mehrere Korruptionsskandale verstrickt. Gleichzeitig leidet Indien unter einer hartnäckigen Inflation und hat das schwächste Wirtschaftswachstum seit zehn Jahren.

Für die Kongresspartei ging der letzte große Bewährungstest vor der voraussichtlich im Mai stattfindenden Parlamentswahl daneben: Bei Regionalwahlen in vier wichtigen Bundesstaaten erlitt sie deutliche Stimmenverluste. Gewinner war die nationalistische Hindu-Partei BJP, die auch landesweit in Umfragen derzeit besser abschneidet. Das liegt vor allem an ihrem charismatischen Kandidaten Narendra Modi. Ob Gandhi ihm das Wasser reichen kann, ist ungewiss. Der Sohn der Vorsitzenden der Kongresspartei, Sonia Gandhi, entstammt zwar der Nehru-Dynastie, die Indien seit der Unabhängigkeit 1947 politisch weitgehend dominiert hat. Doch er gilt als deutlich unerfahrener als Modi.

Eine kleine Revolution gab es in Indien bereits zum Jahreswechsel: Mit dem Vertrauen des Parlaments kann eine neue Antikorruptionspartei nun im Hauptstadtbundesstaat Delhi regieren. Die "Aam Aadmi" ("Partei des Normalbürgers") hat dort mit ihrem Juniorpartner, der zuvor regierenden Kongresspartei, eine knappe Mehrheit der Parlamentssitze errungen. Als eine der ersten Entscheidungen im Amt hatte AAP-Chef Arvind Kejriwal die Senkung der Strompreise und kostenloses Wasser für die Haushalte in Delhi angekündigt. Zu seiner Agenda gehören auch eine bessere Gesundheitsversorgung, mehr Sicherheit für Frauen sowie die Einrichtung einer Ombudsstelle für Korruptionsbekämpfung. Die AAP ging aus den Protesten gegen Korruption 2011 in Neu-Delhi hervor. Nun fiel ihr als zweitstärkster Partei die Regierungsbildung im Bundesstaat zu, nachdem die stärkste Partei, die nationalistische BJP, keine Koalition zustande gebracht hatte.

(möll/RP)
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