Kolumne: Wir in NRW Ein anderes Land

Düsseldorf · Die neue schwarz-gelbe Landesregierung hatte es eilig mit ihrem Koalitionsvertrag – schließlich steht eine Bundestagswahl bevor. Das Papier hält einige Überraschungen bereit.

Die neue schwarz-gelbe Landesregierung hatte es eilig mit ihrem Koalitionsvertrag — schließlich steht eine Bundestagswahl bevor. Das Papier hält einige Überraschungen bereit.

Von Freitag an hat NRW eine neue Landesregierung. Jeder, der sie vor knapp sechs Wochen wählte, hatte dafür wohl seine speziellen Motive. Den einen mag das Durcheinander in der Schulpolitik bei der Inklusion besonders geärgert haben, den anderen die vielen Staus, wieder andere mögen sich Sorgen wegen der hohen Einbruchszahlen gemacht haben. All diese Themen haben CDU und FDP aufgegriffen, sie sind in den schwarz-gelben Koalitionsvertrag eingeflossen. Und die Wähler können beruhigt sein, was ihre Wünsche betrifft: Weitere Förderschulen sollen vorerst nicht mehr geschlossen, Baustellen besser gemanagt und Einbrecher effektiver bekämpft werden.

In der Gesamtschau offenbart der Koalitionsvertrag aber auch etwas über den Geist, der ihm zugrunde liegt. Das Papier lässt erste Schlüsse zu, wie sich NRW in den nächsten fünf Regierungsjahren verändern wird, wenn alles so kommt wie jetzt beschlossen. An einigen Stellen scheinen eine Provinzialität und Ökologiefeindlichkeit durch, die den einen oder anderen Wähler dann doch überraschen mag.

Ein Beispiel: Anders als es die weltläufige Wahlkampagne der FDP vermuten ließ, sollen Ausländer aus Nicht-EU-Ländern künftig Studiengebühren zahlen: 1500 Euro pro Semester. Aus Ländern wie Indien, China oder auch den USA werden also künftig vor allem reiche Studenten nach NRW kommen, nicht unbedingt die besten. Dabei kann der Wissensaustausch mit fremden Kulturen einem Land mit alten Industriestrukturen wie NRW nur guttun.

Kirchturmdenken durchzieht auch die Umweltpolitik. Der Gedanke, dass die Hauptverursacher von CO2 die moralische Verpflichtung haben, dafür in der Zukunft auch einen größeren Beitrag zur Vermeidung zu leisten, findet sich nicht mehr. Stattdessen wird der Klimaschutzplan deutlich zurückgefahren — obwohl NRW für knapp ein Drittel der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Dazu passt, dass die Flächen für Windkraftanlagen deutlich eingeschränkt werden, dass Tierversuche, Gentechnik und Geothermie erleichtert werden sollen. Und dass noch mehr Flächen zur Bebauung freigegeben werden sollen, obwohl NRW das mit Abstand am dichtesten besiedelte deutsche Flächenland ist.

In fünf Jahren wird NRW ein anderes Land sein — in vielerlei Hinsicht.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(kib)
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