Hauen und Stechen im Bundestag Eichel: Im Februar 4,3 Millionen Arbeitslose

Berlin (rpo). Die Bundesregierung rechnet in diesem Winter mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf deutlich über vier Millionen.

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sprach in der Haushaltsdebatte des Bundestages am Dienstag erstmals von möglichen 4,3 Millionen im Februar nächsten Jahres nach gut 3,7 Millionen im Oktober. Zugleich äußerte er die Erwartung eines konjunkturellen Wendepunktes im kommenden Jahr und bekräftigte die Fortsetzung der Etatsanierung ohne Konjunkturhilfen.

Diese Politik wurde von der Opposition von CDU/CSU, FDP und PDS zurückgewiesen und vom Deutschen Gewerkschaftsbundes kritisiert, während aus der Wirtschaft Forderungen nach einem neuen Sparpaket kamen. Nicht eindeutig war die Position der Union zum Vorziehen der Steuerreform. Während die CSU und am Vortag auch die Länderfinanzminister im Finanzplanungsrat bei Eichel keinerlei Vorziehen der Steuerreform gefordert hatten, sprach sich CDU/CSU- Fraktionsvize Peter Rauen doch dafür aus, um bei der kommenden Tarifrunde eine "Lohn-Preis-Spirale" abzuwenden.

Schulden reduzieren

Der erste Euro-Haushalt des Bundes sieht einen Anstieg der Ausgaben um 1,5 Prozent auf 247,5 Milliarden Euro (484 Mrd Mark) vor. Die neuen Schulden sollen von 22,3 auf 21,1 Milliarden Euro im kommenden Jahr zurückgefahren werden. Eichel will bis 2006 Null erreichen, was die Opposition in Frage stellte.

Der erste von vier Tagen zur Beratung über den Bundeshaushalt 2002 enthielt bereits ein Mammutprogramm des Bundestages. So wurden nicht nur die ersten Einzelpläne des Haushalts in zweiter Lesung angenommen. Gebilligt wurde auch der Subventionsbericht der Regierung, der einen Abbau von Finanzhilfen und Steuervergünstigungen auf 21,44 Milliarden Euro (42 Mrd Mark) nach noch 23,1 Mrd im Jahr 2000 vorsieht.

Gegen die Stimmen der Opposition wurde in dritter Lesung auch das Gesetz zur Bekämpfung der Umsatzsteuerkriminalität beschlossen. Danach sollen die Behörden enger zusammenarbeiten und die Kontrollen der Finanzbeamten verschärft werden. Sie dürfen künftig auch ohne Anmeldung in Betrieben und am Wohnsitz Verdächtigter auftauchen, was von Union und FDP sowie der Wirtschaft scharf kritisiert wurde.

Nach mehrstündiger Finanzdebatte wurden die Etatberatungen auf den Feldern Justiz und Inneres, vor allem zu den aktuellen Sicherheits- und Zuwanderungsfragen, fortgesetzt. An diesem Mittwoch geht es mit der Generaldebatte über alle Felder der Politik weiter. Dabei werden heftige Auseinandersetzungen zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sowie den übrigen Partei- und Fraktionsspitzen erwartet.

"Auf Kante genäht"

In der Finanzdebatte räumte Eichel ein, dass sein Haushalt 2002 "auf Kante genäht" sei und keinerlei Spielräume enthalte. Dabei habe der Bund aber nicht bei den Investitionen auf die Bremse getreten, wie ihm die Wirtschaft vorgeworfen hatte. Es gebe auch keine zurückgehaltenen Bahninvestitionen und damit keine Finanzreserven. Damit wies er indirekt die Überlegung von SPD-Fraktionschef Peter Struck zurück, der Bahn im kommenden Jahr nicht ausgegebene 800 Millionen Mark zusätzlich im Interesse von Konjunktur und Beschäftigung zu gewähren. "Wir sind auf gutem Kurs", sagte Eichel. Im Februar 1998 habe es mit 4,83 Millionen die höchste Arbeitslosigkeit gegeben. "Unsere Arbeitslosigkeit wird im Februar nächsten Jahres mit Gewissheit eine halbe Million und deutlich mehr darunter liegen."

Die Haushaltspolitiker von SPD und Grünen, Hans-Georg Wagner und Oswald Metzger, unterstrichen den Sparkurs. Laut Wagner lägen die neuen Schulden 2002 um sechs Milliarden Mark höher, wäre die Koalition den Anträgen der Opposition gefolgt. "Das wäre verfassungswidrig." CDU/CSU-Haushaltssprecher Dietrich Austermann sagte: "Deutschland befindet sich in einer Rezession, und die ist hausgemacht." Die Union kritisierte 33 000 Pleiten in diesem Jahr. Die PDS verlangte mehr kommunale Investitionen. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, schlug soziale Einschnitte vor, um ein Sparpaket zu schnüren. Der DGB beklagte unzureichende Investitionen und Beschäftigung.

(RPO Archiv)
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