Entlassungsgerüchte dementiert Eichel hält trotz Fehlern am Amt fest

Berlin (rpo). Bundesfinanzminister Hans Eichel hat Fehler bei seiner Sparpolitik eingeräumt, Rücktrittsgedanken jedoch weit von sich gewiesen. Eichel: "Wir haben nicht klar genug beschrieben, was wir eigentlich wollen und wohin die Reise geht".

Es sei jedoch nicht seine Art, "einfach in den Sack zu hauen, sobald es schwierig wird". Auch SPD-Generalsekretär Olaf Scholz verteidigte den Regierungskurs und dementierte ebenso wie die Bundesregierung "Gerüchte" über eine angeblich geplante Ablösung Eichels.

Auf die Frage, ob er schon daran gedacht habe, "den ganzen Kram hinzuschmeißen", antwortete der Minister in der "Welt am Sonntag": "Das wäre wohl ein zu billiger Ausweg." Dabei zeigte er sich besorgt um die politische Diskussionskultur und warf der Union vor, Oppositionspolitik als Klamauk zu betreiben. Eichel sagte, man könne streiten, Differenzen haben und sogar der Meinung sein, die Regierung mache alles falsch. Ihn erschrecke dabei jedoch "die Verrohung der politischen Kultur und das dauerhafte Miesmachen des Standorts".

Scholz verteidigte die Steuerpolitik der Regierung. Die Schließung von Steuerschlupflöchern sei zunächst von den direkt Betroffenen lautstark zur Kenntnis genommen worden, sagte er im NDR. Gleichwohl bleibe es "eine richtige Politik". Gleichzeitig wies der SPD-Generalsekretär den Vorwurf zurück, Rot-Grün habe viele Reformvorhaben überstürzt in Angriff genommen. Man müsse akzeptieren, dass es in schwierigen Zeiten nicht so einfach sei, Beifall zu erhalten.

Regierungssprecher Béla Anda wies einen Bericht über eine bevorstehende Abberufung Eichels zurück. Das "Hamburger Abendblatt" hatte am Samstag unter Berufung auf hohe SPD-Kreise über eine angeblich erwogene Ablösung Eichels berichtet. Die Parteispitze laste ihm den miserablen Start in die neue Legislaturperiode an, in Berlin würden bereits potenzielle Nachfolger gehandelt. Anda erklärte dazu, die Gerüchte seien "völlig falsch und frei erfunden". Scholz, der auch Hamburger SPD-Landesvorsitzender ist, betonte ebenfalls: "Das ist Quatsch. Punkt. Wir werden Hans Eichel noch lange als Bundesfinanzminister brauchen.""

Der Bund der Steuerzahler will in der kommenden Woche zu Massenprotesten gegen die Steuerpläne der rot-grünen Regierung aufrufen. Laut "Bild am Sonntag" sollen alle Leser der Mitgliederzeitung "Der Steuerzahler" aufgerufen werden, vorformulierte Protestbriefe an die Abgeordneten von SPD und Grünen zu schicken. "Der Steuerzahler" habe eine Auflage von 450.000 Exemplaren.

FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt handelte sich unterdessen mit einem Aufruf zur Lahmlegung von Finanzämtern durch Dauer-Telefonate nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" heftige Proteste ein. Wie das Blatt in seiner Samstagausgabe berichtete, erklärte Eichel, der Boykottaufruf zeuge von Realitätsferne und Verachtung gegenüber den Beschäftigten in den Finanzämtern. Auch Politiker von CDU und CSU hätten den Aufruf kritisiert.

(RPO Archiv)
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