Kolumne Berliner Republik Duzen heißt noch lange nicht Freundschaft

Die große Politik ist auch eine Sache der persönlichen Chemie. Die Kanzlerin trifft auf Freunde, Partner, aber auch auf schwierige Zeitgenossen.

Kolumne Berliner Republik: Duzen heißt noch lange nicht Freundschaft
Foto: Phil Ninh

Den G 7-Gipfel darf man sich wie eine Familienfeier vorstellen: Man ist vom Schicksal zusammengebunden, kennt einander gut, freut sich einander zu sehen - und ebenso, wieder abreisen zu können. Was von einer solchen Zusammenkunft bleibt, ist neue Vertraulichkeit.

Die besten Beispiele, dass ein regelmäßiger Austausch das politische Klima verbessern kann, sind im Fall der Bundeskanzlerin der amerikanische und der französische Präsident. Die beiden stehen an der Spitze der wichtigsten strategischen Partner Deutschlands. Sowohl mit Barack Obama als auch mit François Hollande fremdelte Angela Merkel anfangs. Beiden begegnete sie zunächst reserviert, hatte sie doch einen guten Draht zu deren jeweiligen Vorgängern aus dem konservativen politischen Lager gehabt: George W. Bush und Nicolas Sarkozy.

Auch wenn Obama eindeutig übertrieben hat, als er Merkel seine "großartige Freundin" nannte, ist das Verhältnis der beiden tatsächlich von enormem gegenseitigen Respekt und Vertrauen geprägt. Am Ende sind sich die beiden in ihrer Art sehr ähnlich, Politik als eine Abfolge von Vernunftentscheidungen zu betrachten. Hollande und Merkel sind sich kein bisschen ähnlich. Die Wendung im Verhältnis zum französischen Präsidenten ergab sich eher aus den schweren Stunden, die beide miteinander in der Trauer um die Opfer des Anschlags auf "Charlie Hebdo" geteilt haben. Aus dieser neuen Nähe erwuchs der gemeinsame Versuch, die Ukraine-Krise zu beruhigen.

Wenn sich zwei Regierungschefs duzen, heißt das aber noch lange nicht, dass sie Freunde sind oder sich persönlich wirklich nahestehen. So darf zum Beispiel auch der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras zur Kanzlerin "Angela" sagen. Das persönliche Verhältnis der beiden geht aber über den Status "sachlich" nicht hinaus. Und es sieht sehr danach aus, als würde sich das auch nicht so schnell ändern.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort