München Drohte CSU-Sprecher dem ZDF?

München · Für erheblichen Wirbel hat ein Anruf von CSU-Sprecher Hans Michael Strepp bei der "heute"-Nachrichtensendung des ZDF gesorgt. Strepp soll der "Süddeutschen Zeitung" zufolge damit versucht haben, am Sonntag eine Berichterstattung des Senders über den Parteitag der bayerischen SPD in Nürnberg zu verhindern.

CSU-Chef Horst Seehofer versicherte, ein solches Vorgehen "wäre völlig inakzeptabel". Allerdings habe ihm Strepp mitgeteilt, dass "der Sachverhalt so nicht zutrifft". Seehofer bat zudem CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, den Vorgang zu klären. Dobrindt teilte daraufhin mit: "Der CSU-Sprecher hat deutlich gemacht, dass es keinen Versuch einer Beeinflussung der Berichterstattung des ZDF gab."

Die CSU veröffentlichte auch den Wortlaut von Strepps Schreiben. Darin heißt es: "Die Berichterstattung des ZDF ist bekanntermaßen von einer Unabhängigkeit geprägt, bei der sich bereits jeder Gedanke an eine Beeinflussbarkeit verbietet. Ein etwaiger anders gearteter Eindruck aus dem Telefonat vom Sonntag erklärt sich mir deshalb nicht. Sollte ein solcher entstanden sein, so möchte ich dazu mein Bedauern ausdrücken."

Dem Bericht zufolge sagte Strepp dem diensthabenden "heute"-Redakteur, es werde "Diskussionen nach sich ziehen", sollte über den SPD-Parteitag berichtet werden. Das ZDF bestätigte, dass es einen Anruf gegeben habe. Über den Inhalt des Anrufs machte der Sender keine Angaben. Chefredakteur Peter Frey sagte "Focus Online" jedoch: "Herr Strepp muss die Frage beantworten, warum und mit welcher Intention er direkt in der ,heute'-Redaktion angerufen hat. Wir senden, was wir senden, egal wer anruft."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, forderte bei "Spiegel Online": "Ministerpräsident Seehofer muss sich beim ZDF entschuldigen." Empört zeigte sich auch der Parlamentarische Grünen-Geschäftsführer Volker Beck. Der Deutsche Journalisten-Verband nannte den Vorgang "skandalös". Dessen Bundesvorsitzender Michael Konken sagte: "Der Versuch der CSU-Pressestelle, beim ZDF einen Informationsboykott des politischen Gegners zu erwirken, ist mit dem Gebot der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht vereinbar."

Wegen der Vorwürfe sagte Seehofer eine Teilnahme an der Konferenz der Ministerpräsidenten heute in Thüringen ab.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort