Jerusalem Die Welt verneigt sich vor Schimon Peres

Jerusalem · 5000 Trauergäste erweisen dem ehemaligen israelischen Präsidenten die letzte Ehre. Barack Obama verabschiedet sich auf Hebräisch.

Staatsoberhäupter aus aller Welt in Israel
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Ganz in der Nähe seines langjährigen Rivalen und späteren politischen Partners Jitzchak Rabin ist Israels früherer Staatspräsident Schimon Peres auf dem Jerusalemer Herzl-Berg zur letzten Ruhe gebettet worden. Im Beisein von 5000 Trauergästen, darunter Staatspolitiker aus aller Welt, fand die Beerdigung von Peres statt, der zwei Tage zuvor mit 93 Jahren den Folgen eines Schlaganfalls erlegen war. Wenn sein Vater doch nur einen Blick auf die Menschen werfen könnte, die sich zu seinen Ehren versammelt haben, sagte Chemi Peres, der älteste Sohn: "Er würde sich bedanken wollen für Ihre Freundschaft zu ihm und noch mehr für Ihre Freundschaft zu unserem Land."

Neben US-Präsident Obama waren viele weitere Staats- und Regierungschefs gekommen: Sein Amtsvorgänger Bill Clinton und US-Außenminister John Kerry, Bundespräsident Joachim Gauck, der palästinensische Präsident Mahmud Abbas, Frankreichs Präsident François Hollande, Mexikos Enrique Peña Nieto, Kanadas Premier Justin Trudeau, der niederländische Regierungschef Mark Rutte, Spaniens König Felipe VI., Prinz Charles und EU-Ratspräsident Donald Tusk nahmen an der Zeremonie teil.

Obama, Clinton, der israelische Schriftsteller Amos Oz und die drei Kinder von Peres waren die zentralen Redner bei der Trauerfeier. Oz, der eng mit dem Verstorbenen befreundet war, nutzte die Bühne zur Mahnung, den politischen Dialog mit dem Ziel der Zweistaatenlösung fortzusetzen. "Wo sind die mutigen Führer?", fragte Oz: "Wo sind die Nachfolger von Schimon Peres?" Nur sie könnten seine Ziele Realität werden lassen. "Das Haus muss in zwei Wohnungen aufgeteilt werden", fügte Oz hinzu - ein Plädoyer für eine Zweistaatenlösung. Einmal wöchentlich habe er mit Peres gesprochen, über Politik und mehr, sagte der Schriftsteller, und er habe nicht vor, von dieser Gewohnheit abzulassen.

Das Leben des Schimon Peres
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In fast allen Reden über ihn fielen die Worte "Freund" und "Träumer". Bill Clinton, der Peres zu Beginn der Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern in den 90er Jahren zur Seite gestanden hatte, erinnerte sich in seiner Trauerrede an den "genialen Denker" Peres. Er habe "ein Herz noch größer als sein Hirn" gehabt. Sogar Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, jahrzehntelang politischer Rivale von Peres, berichtete in seiner Ansprache, wie sich die beiden in den vergangenen Jahren nähergekommen seien. Peres' Nachfolger im Präsidentschaftsamt, Reuven Rivlin, half selbst dabei, den Sarg mit Sand zu bedecken.

Auf Bitten der Familie Peres saß Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in der ersten Reihe. Man habe sich "lange nicht gesehen", sagte er gegenüber Netanjahu. Tatsächlich: Das letzte Treffen der beiden Politiker liegt gut zwei Jahre zurück. Im Schatten der UN-Generalversammlung vor gut einer Woche hatten sich beide Politiker für die Wiederaufnahme direkter Friedensverhandlungen ausgesprochen, wobei zunächst unklar blieb, auf welcher Grundlage das passieren soll. Abbas verlangt internationales Zutun und Garantien. Umgekehrt machte Netanjahu die palästinensische Anerkennung Israels als jüdischen Staats zur Voraussetzung.

Präzedenzlos, so meldete die Polizei, seien die Sicherheitsvorbereitungen für die Trauerfeier gewesen. Vergleichbar dürfte allenfalls die Beerdigung von Jitzchak Rabin 1995 gewesen sein, der von einem jüdischen Extremisten erschossen worden war. Der politische Mord löste damals in Israel und weltweit Entsetzen aus. Die Beerdigung von Rabin war deutlich emotionaler als die gestrige, vermutlich auch weil Peres ein so hohes Alter erreichte. "Wir dachten schon, du kommst gar nicht mehr", lässt der Karikaturist Biedermann von der liberalen Tageszeitung "Haaretz" die drei Engel David Ben-Gurion, Rabin und Golda Meir sagen, allesamt ehemalige Regierungschefs Israels, als Peres die Treppe zum Himmel hochsteigt.

"Ich war der zehnte US-Präsident, mit dem Peres zusammengesessen hat", sagte Obama. "Dies ist die Geschichte des jüdischen Volkes über ein Jahrhundert." Peres habe ihn an andere Ausnahmepersönlichkeiten wie Nelson Mandela und Queen Elizabeth II. erinnert. Obama verabschiedete sich von Peres mit den hebräischen Worten: "Vielen Dank, mein teurer Freund." Entgegen der Tradition, dass nur der erstgeborene Sohn den Kaddisch, das jüdische Totengebet, spricht, lasen die drei Kinder gemeinsam den Gebetstext.

(RP)
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