Düsseldorf Die Vergangenheit hat Carsten S. eingeholt

Düsseldorf · Für Freunde und Kollegen, die Carsten S. in den vergangenen acht Jahren kennenlernten, muss das Geständnis ein Schock gewesen sein. Noch nach Erlass des Haftbefehls gegen den 31-jährigen Sozialarbeiter der Aidshilfe hatten viele nicht glauben mögen, dass der schwule Sozialpädagoge mit den Neonazi-Morden zu tun haben könnte.

Wenn stimmt, was er den Ermittlern gesagt hat, muss S. seit November unter Druck gestanden haben. Als offenkundig wurde, dass die bis dahin mysteriöseste Mordserie der Republik von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos begangen worden war, und dass sie dazu eine Ceska 83 benutzt hatten – da muss der Mann mit dem sanften Lächeln, der am Düsseldorfer Überfalltelefon homosexuelle Gewaltopfer beriet, gewusst haben, dass er selbst diese Waffe Ende 1999 für 2500 Mark gekauft und den damals Untergetauchten gebracht hat. Wozu, will er nicht gewusst haben.

Aber als die GSG 9 vor drei Wochen seine Wohnung stürmte, dürfte S. nicht überrascht gewesen sein. Das Geld für die Waffe will er von Ralf Wohlleben bekommen haben, NPD-Funktionär in Thüringen, als der damals 19-jährige Jenaer S. den Jungen Nationaldemokraten vorstand. Zeitweise soll er der einzige Verbindungsmann zu dem Chemnitzer Versteck des Trios gewesen sein – bis er 2000 aus der Szene ausstieg. Drei Jahre lang habe er bloß noch "private Kontakte" zu alten Kameraden gepflegt, darunter auch zu Wohlleben, der selbst als mutmaßlicher Helfer des Mordtrios in Haft ist. Trotzdem hält der Generalbundesanwalt seinen Ausstieg für glaubhaft.

Die Düsseldorfer Weggefährten sind ebenfalls davon überzeugt. Seit er 2003 sein Studium am Rhein begonnen hatte, scheint S. eine 180-Grad-Wende gelebt zu haben. Er engagierte sich in der Schwulenbewegung, sprach offen – wenn auch nicht im Detail – über seine Vergangenheit. Kontakte zur rechten Szene in NRW hatte er auch nach Einschätzung von Kennern dieses Mileus nie.

(RP)
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