65 Kilometer breiter Streifen Die Suwalki-Lücke – Einfallstor für Russland

Madrid · Die Lücke von Suwalki gilt als die Achillesferse der Nato. Jener 65 Kilometer breite Grenzstreifen, benannt nach der Stadt Suwalki, zwischen Polen und Litauen ist die einzige Landverbindung des Baltikums zu den übrigen Nato-Staaten. Russland könnte hier am schnellsten die Verbindung kappen.

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Jens Stoltenbergs Berater dürften sich mehrfach über diesen Teil der Europa-Karte gebeugt haben. Wo bitte liegt Suwalki? Es geht um einen rund 65 Kilometer breiten Landstreifen im Grenzgebiet der Nato-Partner Litauen und Polen, im Jargon der Allianz bekannt als „Suwalki-Lücke“, benannt nach der polnische Grenzstadt Suwalki. Wenn sich die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten am Mittwoch und Donnerstag zu ihrem Gipfel in Madrid treffen, haben sie die strategische Bedeutung dieser für das Bündnis neuralgischen Zone mit im Blick. Denn: Die „Suwalki-Lücke“ gilt als die Achillesferse im gesamten Nato-Gebiet.

Nirgendwo ist die weltweit stärkste Militärallianz verwundbarer. Dieser 65 Kilometer breite Streifen ist die einzige Landverbindung des Baltikums zu den übrigen Nato-Staaten in Europa. Wenn Russland die Nato empfindlich treffen und Verbindungen schnell kappen wollte, dann hier. Im Westen grenzt die russische Enklave Kaliningrad an die „Suwalki-Lücke“, im Osten heißt der Nachbar Weißrussland. Der damalige Nato-Oberbefehlshaber in Europa, General Ben Hodges, warnte schon 2015 davor, dass die Region zu jenen Gebieten in Europa gehöre, in denen militärisch schnell ein Konflikt angezettelt werden könnte. Das US-Magazin „Politico“ hatte die Gegend um Suwalki gar als „gefährlichsten Ort der Welt“ bezeichnet.

 Die Nato sorgt sich um die Sicherheit der Region entlang der Suwalki-Lücke, einem rund 65 Kilometer breiten Streifen an der Grenze zwischen Litauen und Polen

Die Nato sorgt sich um die Sicherheit der Region entlang der Suwalki-Lücke, einem rund 65 Kilometer breiten Streifen an der Grenze zwischen Litauen und Polen

Foto: dpa/dpa-infografik GmbH

Angeheizt wird die Lage noch durch den jüngsten Konflikt um die russische Enklave Kaliningrad. Hier setzt Litauen die EU-Sanktionen durch und blockiert inzwischen den Nachschub nach Kaliningrad. Kriegsherr Wladimir Putin drohte schon unverhohlen mit einer Reaktion, sollte Litauen, wo die Bundeswehr wiederum Teil eines Nato-Kampfverbandes ist, der die Ostflanke der Allianz schützen soll, weiter die EU-Sanktionen gegen sein Land durchsetzen. Bestimmte Güter und Produkte kommen deshalb auf dem Landweg nicht mehr in Kaliningrad an, weil Litauen EU-Beschlüsse umsetzt und die Transporte nicht mehr durchlässt.

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Die litauische Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte hatte zuletzt erklärt, von einer «Blockade Kaliningrads» könne man überhaupt nicht sprechen. Lediglich seien Sanktionen für gewisse Güter in Kraft getreten, die nicht auf dem Landweg über EU-Territorium transportiert werden dürften. Andere Güter und der Personentransport seien nicht betroffen. Doch das Bündnis rechnet bei Putin mittlerweile mit allem. Wer wie der russische Machthaber in der ukrainischen Stadt Krementschuk ein Einkaufszentrum bombardieren lässt, schreckt womöglich auch nicht davor zurück, den freien Warentransit in die eigene Enklave Kaliningrad notfalls auch mit anderen Mitteln als Verhandlungen wiederherzustellen.

Die Nato rüstet sich bei ihrem Gipfel in Madrid gegen alle Herausforderungen und will sich mit einem neuen strategischen Konzept für die Gefahren dieses Jahrzehnts neu aufstellen. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez nannte am Dienstag bei einem Treffen mit Generalsekretär Stoltenberg das strategische Konzept denn auch eine „Blaupause für die Nato in einer gefährlicheren und unberechenbareren Welt“. Die Lücke von Suwalki ist ein Teil davon. Auch aus diesem Grund will die Nato ihre Verbände an der Ostflanke deutlich aufstocken und auch aufmunitionieren.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte bereits angekündigt, dass Deutschland bereit sei, den Kampfverband in Litauen, der von 1600 Soldaten auf die Größe einer Brigade (3000 bis 5000 Soldaten) wachsen soll, anzuführen. In einer Stadt werden sie das besonders gerne hören: in Suwalki.

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