Berlin Die Spitzenverdiener im Bundestag

Berlin · Die Nebeneinkünfte der Abgeordneten werden erstmals detaillierter veröffentlicht. Vorn liegt CSU-Vize Peter Gauweiler.

Peter Gauweiler ist ein umtriebiger Jurist. Er vertritt nicht nur viele Mandanten, er zieht mitunter auch selbst vor Gericht. So war der CSU-Politiker auch einer der Kläger gegen die deutsche Beteiligung am Euro-Rettungsschirm ESM. Das Verfassungsgericht wies seine Klage in dieser Woche zwar endgültig ab, doch der Rechtsstreit verhalf Gauweiler zu noch größerer Bekanntheit. Das ist gut für das Geschäft. Bei Gauweiler scheinen sich die einträglichen Rechtsfälle zu türmen: Der Bundestagsabgeordnete verdiente als Rechtsanwalt im vergangenen Jahr mindestens 509 000 Euro hinzu, wie der Internetseite des Bundestags (www.bundestag.de) seit gestern zu entnehmen ist.

Nach der Debatte über hohe Nebeneinkünfte des früheren SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück als Honorar-Redner hatte sich der Bundestag noch in der vergangenen Wahlperiode strengere Regeln für die Veröffentlichung der Nebeneinkünfte der Abgeordneten gegeben. Demnach muss die Höhe der einzelnen monatlichen oder jährlichen Nebeneinkünfte in zehn Stufen angegeben werden. Stufe eins sind Einkünfte bis 3500 Euro, Stufe zehn von über 250 000 Euro. Diese höchste Verdienststufe zehn geben im neuen Bundestags-Verzeichnis vier der insgesamt 631 Parlamentarier an – sie gehören alle der Union an.

Spitzenreiter ist CSU-Vize Gauweiler, der 19 Mandanten vertreten hat, von denen einer ihm mehr als 250 000 Euro zahlte. Von zwei Mandanten erhielt er bis 75 000 Euro, drei weitere zahlten bis 50 000 Euro.

Auch der CDU-Abgeordnete Albert Stegemann aus dem Emsland verdiente 2013 mit dem Verkauf von Milchprodukten mehr als 290 500 Euro nebenbei – zusätzlich zu seiner Abgeordnetenentschädigung, die sich zusammensetzt aus der Diät von derzeit 8252 Euro monatlich und einer Kostenpauschale von 4123 Euro für die Unterhaltung von Büros, für Fahrten von und nach Berlin sowie die Unterkunft in der Hauptstadt.

Sein CDU-Parteifreund Stephan Harbarth ist wie Gauweiler Jurist, stammt aus dem Rhein-Neckar-Kreis und arbeitet im Nebenberuf als Vorstandsmitglied einer Rechtsanwalts-Aktiengesellschaft in Mannheim. Als solches verdient Harbarth mehr als eine Viertel Million Euro hinzu.

Der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach aus Coburg ist persönlich haftender Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsführung einer Projektentwicklungsgesellschaft in Bad Soden-Saalmünster. Hier erzielte er 2013 ebenfalls einen Gewinn der Stufe zehn und damit mehr als 250 000 Euro nebenbei.

Der SPD-Politiker Peer Steinbrück dagegen ist bescheiden geworden. Hatte er die Liste der Abgeordneten mit den höchsten Nebenverdiensten bis zu seiner Kanzlerkandidatur noch angeführt, strich er im Jahr der Bundestagswahl nur noch einen geringen Betrag ein. Steinbrück hatte zuvor als Vortragsredner und Buchautor 1,25 Millionen Euro im Jahr verdient und damit eine kontroverse Debatte über die Grenzen des Erlaubten ausgelöst. 2013 nahm er nur noch als Mitglied einer "Zeit"-Stiftung bis zu 15 000 Euro ein.

Ärger mit den Medien hatte sich der Koblenzer CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs mit einer Nebentätigkeit für die britische Hakluyt & Company eingehandelt. Die Gründer der Firma waren Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes. 2001 war Hakluyt in die Schlagzeilen geraten, weil die Firma im Verdacht stand, Umweltorganisationen im Auftrag der Ölkonzerne BP und Shell zu unterwandern. Fuchs hatte bei Hakluyt schon seit einiger Zeit Vorträge über die deutsche Politik gehalten und dafür Honorare kassiert. Anti-Lobbyismus-Organisationen warfen ihm vor, diese nicht ordnungsgemäß offenzulegen. Dagegen wehrte sich der Fraktionsvize. Er war 2013 weiterhin für Hakluyt tätig, wie aus dem Verzeichnis hervorgeht. Hakluyt bezahlte ihm für einen Vortrag über die deutsche Energiepolitik bis zu 7000 Euro.

Der Organisation "Abgeordnetenwatch" gehen die neuen Regeln längst nicht weit genug. Sie fordern eine Offenlegung der Nebeneinkünfte in Euro und Cent und genauere Angaben der Tätigkeiten.

Für die Düsseldorfer Abgeordnete Sahra Wagenknecht (Linke) wäre das wohl kein Problem. Sie verdiente 2013 laut Verzeichnis allenfalls 3500 Euro hinzu – für eine Lesung beim Tuttlinger Literaturherbst.

(mar)
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