Die SPD erholt sich – die Kanzlerin stolpert

Das Drehbuch von Angela Merkel schien aufzugehen. Nach einer Zeit des Missvergnügens an einer zerstrittenen bürgerlichen Koalition wollte die Kanzlerin ihre Popularität und ihre Beständigkeit nutzen, um selbst die FDP wieder mitzuziehen. Die Wahl in Niedersachsen sollte die Reihe von Niederlagen beenden und der schwarz-gelben Koalition Rückenwind für die Entscheidung auf Bundesebene verschaffen.

Das ist gründlich schiefgegangen. Was angesichts der Ungeschicklichkeiten des SPD-Herausforderers fast wie ein Spaziergang aussah, ist über Nacht zu einem Problem geworden. So schnell kann sich der politische Wind drehen. Er bläst jetzt der Kanzlerin scharf ins Gesicht. Die zwölfte Niederlage in Folge kratzt am Image der christdemokratischen Alleinherrscherin. Prompt werden wieder Zweifel in der Union laut, ob es im Herbst angesichts der schwachen Basis in den Bundesländern noch ein drittes Mal klappen wird. Als Wahlkämpferin hat die Regierungschefin bislang nicht restlos überzeugt.

Die schwierigste Aufgabe Merkels wird sein, das bürgerliche Lager zu erweitern, ohne die Stammwähler zu verprellen. Denn nach wie vor besteht trotz aller wirtschaftlichen Erfolge eine strukturelle linke Mehrheit in Deutschland. Die Grünen sind fast zu einer Volkspartei geworden, die SPD behält trotz vieler Rückschläge die Nerven, und die heimlichen Verbündeten der Union, die Linken und Piraten, die bislang die Regierungsfähigkeit der linken Mehrheit verhindert haben, schrumpfen gewaltig.

Merkel kann sich nicht auf ihren Kanzlerbonus verlassen. Ihre CDU hat in nur vier Jahren fünf Amtsinhaber verloren. Merkels stärkste Waffe ist ihre Belastbarkeit. Wenn sie richtig unter Druck kommt, war sie stets am besten. Nur so kann sie bestehen.

(RP)
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