Berlin Die schwierigen Gespräche und der "blöde Dobrindt"

Berlin · In der Union lehnen viele Nachbesserungen des Sondierungspapiers ab. Dabei beginnen jetzt erst die richtigen Verhandlungen.

Über Andrea Nahles verliert Alexander Dobrindt kein böses Wort. Die SPD-Fraktionschefin steht bei dem CSU-Landesgruppenchef hoch im Kurs. So hoch, dass manch einer dahinter schon wieder eine Gemeinheit wittert. Denn Komplimente von jemandem wie Dobrindt, der inzwischen nicht nur für die Grünen, sondern auch für Sozialdemokraten zum Schreckgespenst geworden ist, gelten erst einmal als vergiftet. Über Nahles sagt der Christsoziale, der die Kritik in der SPD an den Sondierungsergebnissen als "Zwergenaufstand" bezeichnet hatte, sie gebe die "beste Figur" bei der SPD ab. Er zeigte sich vor dem Parteitag der Sozialdemokraten sicher, dass es Nahles sein werde, die für die Zustimmung ihrer Partei sorgen werde.

Es war dann tatsächlich nicht SPD-Chef Martin Schulz, sondern Nahles, die mit anderen prominenten Parteifreundinnen die (knappe) Mehrheit der Delegierten für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen sicherte. Die wortgewaltige Nahles machte aber noch etwas anderes: Sie zog über den "blöden Dobrindt" her.

Während der Sondierungsgesprächen hatte Dobrindt selbst Hessens CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier düpiert, als er ohne ihn Vereinbarungen mit der SPD zur Migration aushandeln wollte. Dobrindt stichelt, taktiert, spielt andere aus, heißt es in Unionskreisen. Dabei sei nicht klar, ob er es darauf anlege, dass nach dem Jamaika-Bündnis auch die Groko als einzige noch verbliebene Regierungsmöglichkeit der Union im Bund platzt. Oder ob der neue CSU-Landesgruppenchef derzeit einfach nur sein "eigenes Machtzentrum" in Berlin aufbaue. Dobrindt wolle sich seine Chancen auf die Nachfolge des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer sichern, der schon das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten an Markus Söder abgibt - von dem Dobrindt gar nichts hält. Er wolle nun die Rolle des Scharfmachers in der Hauptstadt einnehmen.

Dem Sondierungspapier vom 12. Januar maß Dobrindt schon die Qualität eines Koalitionsvertrags zu. So wehrten sich auch gleich CDU- und CSU-Politiker gegen Nachverhandlungen nach dem SPD-Parteitag. Dabei wissen alle, dass Koalitionsverhandlungen immer Veränderungen mit sich bringen, weil man sonst gar nicht verhandeln muss. Und dass es hier und da noch ein Zugehen auf die SPD brauche, weil deren Mitglieder bei der Abstimmung sonst Nein sagen.

Der letzte Satz im Sondierungspapier dürfte aber wohl nicht mehr verändert werden. Da heißt es: "Zur Mitte der Legislaturperiode wird eine Bestandsaufnahme des Koalitionsvertrags erfolgen, inwieweit dessen Bestimmungen umgesetzt wurden oder aufgrund aktueller Entwicklungen neue Vorhaben vereinbart werden müssen." Das könnte auch das Ende der dann dritten Groko unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bedeuten. Womöglich eine garantierte Ausstiegsmöglichkeit für alle Beteiligten.

(kd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort