Streit um Hartz-IV-Reform Die Fronten sind verhärtet

Berlin (RPO). Im Streit zwischen Regierung und Opposition um die Hartz-IV-Reform zeichnet sich keine rasche Einigung ab. CSU-Chef Horst Seehofer lehnte am Wochenende die zentrale Forderung von SPD und Grünen ab, den Regelsatz von derzeit 359 Euro um mehr als fünf Euro zu erhöhen.

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Foto: dapd

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen wies zudem Vorwürfe der SPD zurück, ihr Ministerium verzögere eine Einigung im Vermittlungsausschuss. Zuvor war bekanntgeworden, dass die Ergebnisse der von der Opposition beantragten Nachberechnung der Hartz-IV-Sätze erst Ende Januar vorliegen werden. Für bestimmte Sonderauswertungen benötigt das Ministerium noch mehr Zeit. Die für den 11. Februar geplante Verabschiedung der Reform durch den Bundesrat gerät damit in Gefahr.

Bei der geplanten Anhebung des Regelsatzes um fünf auf 364 Euro, an der auch von der Leyen nicht rüttelt, will Seehofer keine Kompromisse eingehen. "Die Erhöhung um fünf Euro geht in Ordnung und wird auch von der Bevölkerung verstanden", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag". Eine weitere Erhöhung sei nicht ratsam, weil dies sonst als Willkür angesehen werden könnte. "Es geht darum, die Hartz-IV-Empfänger wieder in Arbeit zu bringen und nicht darum, Bedingungen zu schaffen, damit sie möglichst lange Arbeitslosenleistungen beziehen", sagte Seehofer.

Zugleich bekräftigte der CSU-Chef die Bereitschaft der Union, die ebenfalls mit der Reform geplanten Bildungs- und Freizeitangebote für Kinder aus Hartz-IV-Familien zu vergrößern: "Beim Bildungspaket können wir darüber reden, ob der Kreis der Empfänger ausgeweitet wird und wie man das möglichst unbürokratisch gestaltet."

Von der Leyen kritisiert Opposition

Von der Leyen kritisierte, die Opposition könne nicht auf der einen Seite einen in aller Sorgfalt und Plausibilität berechneten Regelsatz verlangen und auf der anderen Seite im Vermittlungsausschuss auf das vom Verfassungsgericht anerkannte Verfahren der Statistikexperten verzichten. "Wenn die Experten des Statistischen Bundesamtes Monate für Berechnungen brauchen, dann liegt das ausschließlich an der Vielzahl komplizierter Sonderauswertungen, die SPD und Grüne erst kurz vor Weihnachten bei den Statistikern in Wiesbaden in Auftrag gegeben haben", erklärte die CDU-Politikerin. Der Vorwurf der Opposition, ihr Ministerium verzögere die Verhandlungen, sei daher "absurd".

Ein Sprecher des Arbeitsministeriums hatte zuvor erklärt, das Statistische Bundesamts benötige für die Berechnungen des von der Opposition vor Weihnachten eingereichten Fragekatalogs mindestens 60 Arbeitstage. Das Ministerium brauche zusätzlich bis zu 30 Arbeitstage, um die Ergebnisse zu prüfen.

SPD ist verärgert

Die SPD reagierte verärgert. "Ich gewinne den Eindruck, dass Frau von der Leyen versucht, auf Zeit zu spielen - das kann es nicht sein", sagte SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig zu "Spiegel Online". In einem Brief an die Ministerin wies Schwesig darauf hin, dass die SPD-geführten Länder bereits Ende September entsprechende Berechnungen gefordert hätten. "Insoweit stößt Ihre Aussage, dass wesentliche Teile des Katalogs zeitnah nicht beantwortet werden können, auf Unverständnis", heißt es in dem Schreiben, das das Arbeitsministerium veröffentlichte. Die Arbeitsgruppe wird am 7. Januar erneut verhandeln. Bis dahin seien zumindest die für Ende Januar avisierten Auswertungen "unverzichtbar", forderte Schwesig.

Der Bundesrat, in dem Union und FDP ohne Mehrheit sind, blockierte Mitte Dezember die Hartz-IV-Reform. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses aus Bundestag und Bundesrat soll nun schnell einen Kompromiss finden, weil das Bundesverfassungsgericht in seinem Hartz-IV-Urteil eine Neuberechnung der Sätze bis zum 1. Januar 2011 verlangt hat.

Regierung und Opposition streiten vor allem über die von Union und FDP geplante Erhöhung der Hartz-IV-Sätze um fünf Euro pro Monat. Diese orientiert sich an Erhebungen des Statistischen Bundesamtes, das die Ausgaben von bestimmten Geringverdiener-Haushalten ermittelt und so die Kernzahlen für den Grundbedarf von Hartz-IV-Empfängern liefert. SPD, Grüne und deren Ländervertreter sind jedoch mit der Berechnungsmethode nicht einverstanden, weshalb sie einen umfangreichen Fragen- und Prüfkatalog vorgelegt haben.

(RTR/csh)
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