Analyse Die Folgen des Ukraine-Votums

Kiew · Der Ausgang des Referendums in der Ost-Ukraine hat juristisch keine Bedeutung, verschafft den Separatisten aber einen psychologischen Vorteil.

Welche Auswirkungen hat das Referendum in der Ost-Ukraine? Dazu nachfolgend die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie ernst ist das Abstimmungsergebnis zu nehmen?

Die Separatisten melden überwältigende Zustimmung für eine Abspaltung von der Ukraine. Allerdings wurde das Referendum unter Bedingungen abgehalten, die nicht ansatzweise repräsentativ und demokratisch waren: Votiert wurde ohne Wählerlisten. Jeder durfte seine Stimme abgeben, wo und wie oft er wollte. Manche Wähler fotokopierten ihre Wahlzettel und warfen ganze Bündel in die Urnen. Andere, Gegner der Unabhängigkeit, blieben eingeschüchtert zu Hause. Beobachter bei der Auszählung gab es nicht. Zudem wurde die Befragung nicht flächendeckend abgehalten. So waren in der Millionenstadt Donezk nur 117 Wahllokale geöffnet - bei regulären Wahlen sind es mehr als 1000.

Wie reagiert Moskau?

Der Kreml erkennt das Ergebnis der umstrittenen Unabhängigkeits-Referenden in der Ost-Ukraine an. Moskau setzt damit weiter auf Konfrontation und befeuert die Spannungen innerhalb der Ukraine.

Was kann der Westen tun?

Dem Westen bleibt nur, Russland mit Sanktionen zu bestrafen und zu isolieren. Ein konstruktiver Beitrag ist sicherlich, Kiew zu beraten und Gespräche an einem runden Tisch einzuleiten, wie das nun unter Leitung des deutschen Diplomaten Wolfgang Ischinger geschehen soll.

Kann die Regierung in Kiew die Abstimmung einfach ignorieren?

Rein juristisch schon. Die ukrainische Verfassung sieht - genau wie das deutsche Grundgesetz - kein Recht der Regionen vor, ihre staatliche Unabhängigkeit zu erklären oder entsprechende Abstimmungen abzuhalten. Mit Blick auf Verhandlungen am runden Tisch haben die prorussischen Abtrünnigen ihr Gewicht durch die Referenden aber psychologisch erhöht.

Welche Auswirkungen hat das Referendum auf die Präsidentenwahl am 25. Mai?

Ein Sprecher der prorussischen Separatisten in der Stadt Lugansk hat bereits gesagt, diese Wahlen würden in der ost-ukrainischen Region nicht stattfinden. Für Donezk gilt Ähnliches. Wird aber die ukrainische Präsidentenwahl nicht im gesamten Land abgehalten, kann der Kreml danach argumentieren, dass man den Sieger nicht als legitimes Staatsoberhaupt anerkennt.

Steht eine baldige Abspaltung ost-ukrainischer Gebiete bevor?

Unklar ist, wie es nun mit den selbst erklärten "Volksrepubliken" weitergeht. Lugansk erklärte sich für unabhängig, Donezk bat um den Anschluss an Russland. Teile der prorussischen Kräfte erwägen offenbar, ein zweites Referendum über den Anschluss an Moskau abzuhalten.

(RP)
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