FDP weiterhin nur bei drei bis vier Prozent Die FDP startet den Countdown für Rösler

Berlin · Dreikönigstag und Niedersachsen-Wahl sind die Hürden, die im Januar über seinen Verbleib im Amt entscheiden.

Kurz vor Weihnachten wabern "Putschgerüchte" durch die Medien, münden in konkreten Szenarien: "Stürzt Rösler an Dreikönig?" Das war Ende 2011, und für den Dreikönigsauftritt in Stuttgart Anfang 2012 hatte sich FDP-Chef Philipp Rösler tatsächlich eine neue Botschaft ("Die FDP als einzige Wachstumspartei") zurechtgelegt, um die Stimmung zu drehen. Doch der Versuch ging im Auseinanderbrechen der Saarland-Koalition unter. Ende 2012 ist Rösler keinen Millimeter vorangekommen. Am Silvesterabend wird Butler James deshalb fragen: "The same procedure as last year?"

Doch ob die alte Dame FDP wie Miss Sophie "dasselbe Prozedere wie jedes Jahr" zur Antwort gibt, wird in liberalen Kreisen stark bezweifelt. Für die meisten ist Rösler als Vorsitzender bereits vor Dreikönig "durch". Fast jeder weiß es, aber keiner sagt es. Und wenn sich dann mal einer aus der Deckung wagt, hagelt es Kritik von allen Seiten. So, als Entwicklungsminister Dirk Niebel indirekt die uneingeschränkte Autorität von Rösler infrage stellte, indem er darauf verwies, dass auch die SPD eine Doppelspitze aus Parteichef und Kanzlerkandidat habe. Prompt grätschte Wolfgang Kubicki dazwischen. Ausgerechnet der Kieler Wahlsieger und traditionelle Parteichef-Kritiker nahm Rösler vor Niebel in Schutz.

Dahinter stand natürlich keine Wandlung des Nordlichtes zum Rösler-Fan. Es ging um pures Muskelspiel. Auf Deutsch: Wenn Du, Niebel, Dich für die Zeit nach Rösler in Stellung bringst, dann zeig ich, Kubicki, Dir, dass ich schon längst dort stehe. Wiederholt hat Kubicki angeboten, dass die Partei ihn nur rufen müsse, damit er seine Vorsätze, in Schleswig-Holstein zu bleiben, über Bord wirft, um auf Bundesebene eine herausragende Rolle zu spielen. Vorsichtshalber hat Kubicki auch NRW-FDP-Chef Christian Lindner bereits ermuntert, sich auch Ähnliches zu überlegen. Doch Lindner steht dafür nicht zur Verfügung.

Es gibt in der FDP derzeit also viele, die als Erben in Betracht kommen, aber niemanden, der den Königsmörder spielen will. Und so bekräftigt die Partei denn, dass das Wort von FDP-Übervater Hans-Dietrich Genscher weiterhin gelte: "Einen Vorsitzenden stützt man oder man stürzt ihn." Immer wieder wird dieses Zitat mit dem Hinweis verknüpft, dass man Rösler "selbstverständlich stützen" wolle. Womit jeder die Alternative des Stürzens gleichzeitig jedes Mal mit erwähnt hat.

Zu den aktuellen Szenarien gehört, dass Rösler über die ruhigen Weihnachtstage selbst zu der Erkenntnis kommt, den Weg für eine Nachfolge oder eine Doppelspitze freizumachen. Schließlich habe Vorgänger Guido Westerwelle vor Weihnachten 2010 noch genauso kämpferisch dagestanden wie Rösler jetzt — und sei dann doch vor dem Aufstand der Boygroup um Rösler, Lindner und Patrick Döring eingeknickt. Wenn Rösler mit diesem Entschluss Dreikönig in Stuttgart selbst in die Offensive gehe, könne er damit so viel Schwung in den Niedersachsen-Wahlkampf bringen, dass es sein Freund Stefan Birkner nicht nur über die Fünf-Prozent-Hürde, sondern sogar wieder in die Regierung schafft. Doch noch hat sich Rösler die Kampfmontur übergestreift, erinnert daran, von einem Soldaten erzogen worden zu sein und er so schnell niemals aufgebe.

Doch wenn er dann das Bild bringt, wonach sich ein Bambus zwar im Sturm biegt, aber nicht bricht, und FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle daraufhin mit Unschuldsmiene verkündet, der FDP-Wähler erwarte keinen Bambus, sondern eine deutsche Eiche, dann weiß er wieder, wie sehr die Mitstreiter seinen eigenen Spielraum bereits eingeengt haben.

Einigkeit herrscht darüber, dass Rösler fällt, wenn die FDP am 20. Januar aus dem Landtag in Hannover fliegt. Uneins sind sich Spitzenliberale noch, wie triumphal ein (nicht erwarteter) Wiedereinzug ausfallen muss, damit es Rösler doch noch einmal schafft, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Bei 5,1 bis 5,3 sei er jedenfalls noch "nicht sicher", heißt es. Dann könne das Präsidium schon am folgenden Tag beschließen, den für Mai geplanten Parteitag vorzuziehen. Auch einzelne Landesverbände halten sich bereit, Anträge auf den Weg zu bringen.

Freilich schauen die Rösler-muss-weg-Protagonisten nicht mit Verheißung in die Zukunft, sondern meist verlegen auf die eigenen Fußspitzen. Brüderle sei zwar ein erfolgserprobtes Schlachtross, das schon einiges mehr reißen könne als der eher "nett" daherkommende Rösler. Doch ob das auf Dauer trage, sei doch fraglich. Zumal sich schon in der zweiten Reihe alle Aspiranten gegenseitig blockieren.

(may-)
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