Kaum Ostdeutsche in Führungspositionen Bundesregierung will mehr Ostdeutsche in Chefetagen

Berlin · Der Anteil Ostdeutscher an der Gesamtbevölkerung liegt bei knapp 20 Prozent, doch nur 6,8 Prozent der Kräfte in Leitungsebenen von Bundesbehörden stammen aus den östlichen Bundesländern. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung will das mit einem Maßnahmenpaket ändern.

 Carsten Schneider (SPD), Ostbeauftragter der Bundesregierung, will mehr Menschen aus den neuen Bundesländern in Führungspositionen sehen.

Carsten Schneider (SPD), Ostbeauftragter der Bundesregierung, will mehr Menschen aus den neuen Bundesländern in Führungspositionen sehen.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Auch mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sind Ostdeutsche in staatlichen Führungspositionen klar unterrepräsentiert. Der Anteil ostdeutscher Führungskräfte in obersten und oberen Bundesbehörden liegt etwa bei 13,5 Prozent. Lässt man Berlin als Hauptstadt bei der Berechnung außen vor, sind es nur 7,4 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Studie, die der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), in Auftrag gegeben hatte.

Für das Papier wurden 4000 Führungskräfte in 94 Bundesbehörden, vier Verfassungsorganen und der Richterschaft an den fünf Bundesgerichten untersucht. So wurden etwa die Bundesregierung, der Bundestag, das Bundespräsidialamt, der Bundesrat und das Bundesverfassungsgericht unter die Lupe genommen. Die Erkennntis: Über alle Führungsebenen hinweg sind Ostdeutsche nicht ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung von knapp 20 Prozent entsprechend vertreten. Der Studie nach deute sogar vieles darauf hin, „dass sich die Unterrepräsentation Ostdeutscher in Führungspositionen weiter verfestigt und teilweise sogar größer wird.“

Schneider will das ändern. „Die ungleiche Repräsentation in Führungspositionen ist nicht nur ungerecht, sondern wir verschenken dadurch wertvolles Potenzial. Denn vielfältige Teams entwickeln kreativere und innovativere Lösungen“, sagte er auf Anfrage unserer Redaktion. Der Sozialdemokrat stammt selbst aus dem thüringischen Erfurt. „Wenn bestimmte Erfahrungen und Sichtweisen in Entscheidungsfindungen nicht einfließen, gefährdet das den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Stabilität unserer Demokratie“, so Schneider.

Die Bundesregierung hat daher nun ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Neue Bundesbehörden sollen demnach vorzugsweise in Ostdeutschland angesiedelt werden. So werden Außenstellen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in Borna (Sachsen) und Merseburg (Sachsen-Anhalt) eröffnet. Zudem sollen Daten zu Geburtsorten systematischer erfasst werden und Bundesbehörden mit Selbstverpflichtungen arbeiten. Auswahlgremien sollen vielfältiger besetzt, Führungskräfte gezielt auf ihre Aufgabe vorbereitet und Netzwerke gefördert werden. Carsten Schneider will seinen Bericht künftig jährlich vorlegen. „Am Ende der Wahlperiode werden wir Bilanz ziehen und entscheiden, ob weitergehender Regelungsbedarf besteht“, so Schneider.

Bislang ist die Quote mau. Nur 13,9 Prozent aller Führungspositionen in obersten Bundesbehörden wie Ministerien sind der Studie zufolge mit Mitarbeitern besetzt, die gebürtig aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen stammen. Zieht man als Geburtsorte nur die fünf Flächenländer heran, sind es 7,5 Prozent. Vor allem in den „höheren Führungsebenen“ ist die Unterrepräsentation auffällig. So liegt der Anteil gebürtiger Ostdeutscher in den Leitungsebenen bei 6,8 Prozent, ohne Berlin bei 4,5 Prozent. Ähnlich schaut es in der Justiz aus: Ostdeutsche machen nur 7,1 Prozent der erfassten Richter aus, ohne Berlin sind es 5,1 Prozent.

Für die Bundesregierung sei die Repräsentation Ostdeutscher allerdings ein wichtiges Thema, so Schneider. Man habe sich verpflichtet, den Anteil von Ostdeutschen in Führungspositionen zu steigern. „Die Bundesregierung übernimmt dabei eine Vorreiterrolle für andere gesellschaftliche Bereiche, wie Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Justiz und Medien, die ebenfalls ihren Beitrag dazu leisten müssen“, sagte Schneider, der eine Ost-Quote dennoch ablehnt. In der Bundesregierung gibt es übrigens auch noch reichlich Luft nach oben: Mit Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) gibt es nur zwei ostdeutsche Ministerinnen im 17-köpfigen Kabinett Scholz. Auf Ebene der Staatssekretäre schaut es nicht viel besser aus.

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