Washington Die 5,8-Billionen-Dollar-Frage

Washington · US-Präsident Donald Trump hat Pläne für eine gigantische Steuerreform vorgelegt. Woher das Geld dafür kommen soll, bleibt einstweilen unklar.

Wie will die US-Regierung eine Rechnung in Billionenhöhe begleichen? Das ist die große Frage, die Washington angesichts der geplanten Steuerreform von US-Präsident Donald Trump umtreibt. Eine Antwort auf die 5,8-Billionen-Dollar-Frage steht zwar noch aus; der am Mittwoch vorgelegte Entwurf zu den Steuerplänen zeigt aber immerhin zum ersten Mal, wie die Republikaner einen Teil der Mammutkosten abdecken wollen. Die 5,8 Billionen ergeben sich nach Expertenberechnungen unter anderem daraus, dass es nur noch drei statt sieben individuelle Steuerstufen geben soll; die Unternehmensteuer soll von 35 auf 20 Prozent gesenkt werden.

Vor allem sollen bestimmte Steuererleichterungen kassiert werden. Aber selbst dazu blieben Trump und die Republikaner vage. Eventuell wird etwa die Möglichkeit zum Abzug medizinischer Kosten gestrichen. Damit würden aber immer noch mehr als zwei Billionen Dollar fehlen, damit die Steuerreform kein Loch in den US-Haushalt reißt. Das entspricht gut 1,7 Billionen Euro. Zum Vergleich: Die gesamten deutschen Staatsschulden betragen knapp unter zwei Billionen Euro.

Analysten vermuten, dass die Regierung Programme kürzen muss, die vor allem der Mittelklasse dienen. Beispielsweise könnten Familien nicht länger Ausgaben für Angehörige in ihrem Haushalt vom steuerpflichtigen Einkommen abziehen. Das könnte letztlich bedeuten, dass manche Mittelklassenfamilien mehr Steuern zahlen als vorher, wie der Ökonom Ernie Tedeschi von der Investmentbank Evercore ISI sagt, der früher als Berater im US-Finanzministerium gearbeitet hat.

1,6 Billionen Dollar würden - theoretisch - durch die Aufhebung der meisten einzeln aufgeführten Steuerabzüge in die Staatskassen fließen. Die Regierung führt an, diese Abzüge machten sich für gewöhnlich nur die Wohlhabenden zunutze. Tatsächlich profitieren aber viele Haushalte aus der Mittelklasse davon. Genau der allerdings soll die Reform zugutekommen, wie Trump versichert. Seth Hanlon, ein früherer Wirtschaftsberater von Präsident Barack Obama, sagt dazu: "Es wird eine große Anzahl an Mittelklassefamilien geben, die ernsthaft benachteiligt werden."

Aber selbst mit all diesen und anderen zusätzlichen Einnahmen würde Trumps Plan eben 2,2 Billionen Dollar zur Staatsverschuldung beitragen. In Schätzungen wird gar von 2,7 Billionen gesprochen, wenn man zusätzliche Zinszahlungen auf die Schulden berücksichtigt.

Die Regierung könnte schließlich gezwungen sein, die Staatsverschuldung in gefährliche Höhen zu treiben. Die öffentliche Verschuldung der USA beträgt bereits 20 Billionen Dollar (17,1 Billionen Euro). Selbst wenn Trump und Co. die Steuersätze von Firmen und Familien unangetastet lassen, gehen Experten von zusätzlichen Schulden von zehn Billionen Dollar binnen zehn Jahren aus. Dieser Anstieg spiegelt in erster Linie die wachsenden Sozial- und Gesundheitskosten wider, wenn immer mehr Vertreter der Babyboomer-Generation in Rente gehen.

Wie also lautet die Antwort auf die Billionen-Dollar-Frage? Die Republikaner im Senat haben bereits signalisiert, dass sie gewillt sind, die Staatsverschuldung um bis zu 1,5 Billionen Dollar anschwellen zu lassen. Aber auch das wäre nicht genug. Die US-Regierung hat eine Antwort parat: mehr Wirtschaftswachstum durch Steuersenkungen. Trumps Kabinett prophezeit, dadurch entstünden genügend Bundeseinnahmen, um das Minus zu decken. Wirtschaftswissenschaftler sind anderer Meinung. In einer Umfrage der University of Chicago gaben die Teilnehmer im Mai mit breiter Mehrheit an, die Senkungen würden nie zu dem versprochenen Wachstum führen. Andere Ökonomen teilen diese Ansicht.

(ap)
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