"Stuttgart 21" Zweifel an Kalkulation der Bahn wachsen

Stuttgart (RPO). Eine detaillierte Kostenplanung lässt die Zweifel an den Berechnungen der Bahn zum Bahnprojekt "Stuttgart 21" wachsen. Laut Medienberichten sind die Kosten für den umstrittenen Neubau der Bahn zu niedrig angesetzt.

Zehn Fakten zu Stuttgart 21
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Foto: dapd

Vor dem dritten Schlichtungsgespräch zum Bahnprojekt "Stuttgart 21" zitierte der SWR am Mittwoch aus einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums zu den Kosten der Neubaustrecke Wendlingen - Ulm. Danach sollen allein die Tunnelbauten mit über 1,5 Milliarden Euro den Löwenanteil der veranschlagten Gesamtkosten von 2,9 Milliarden Euro verschlingen.

Eine Bahnsprecherin wollte sich auf Anfrage der Nachrichtenagentur dapd zu den Kosten nicht äußern. Dem SWR teilte ein Sprecher mit, dass Bahnvorstand Volker Kefer während der Schlichtungsgespräche noch Zahlen zu der Kostenkalkulation vorlegen werde. Dem wolle man nicht vorgreifen.

Fehler bei der Kostenberechnung?

Die rund 60 Kilometer lange geplante Hochgeschwindigkeitszugtrasse zwischen Wendlingen und Ulm soll nach derzeitigen Berechnungen der Bahn knapp 2,9 Milliarden Euro kosten. Der SWR berichtete weiter, dass die Bahn laut Ausschreibungsunterlagen zwischen sechs und sieben Millionen Kubikmeter Erde ausheben will. Bei den veranschlagten Kosten von 1,5 Milliarden Euro liegen die reinen Baukosten den Angaben zufolge somit zwischen 220 und 255 Euro pro Kubikmeter.

Berechnungen von Bahnkritikern ergeben laut SWR für vergleichbare Tunnelprojekte allerdings entsprechende Kosten von rund 300 bis 500 Euro. Angesichts der Zahlen sind bei der Schlichtungsrunde am Donnerstag (4. November), die im Zeichen der Neubaustrecke stehen soll, Diskussionen zu erwarten, ob die Bahn die Tunnelbaukosten zu niedrig angesetzt hat.

Während die Bahn genaue Kostenberechnungen bislang noch nicht zugänglich gemacht hat, geht aus dem Bericht des Bundesverkehrsministeriums hervor, wie die Bahn die Kosten im Einzelnen kalkuliert. Erstmals werden einzelne Positionen aufgeschlüsselt, unter anderem Kosten für Grunderwerb, Gleisbau, verschiedene Brücken- und Kreuzungsbauwerke, Signalanlagen, Strom und Planungskosten. Das Ministerium bezieht sich dabei auf Zahlen der DB Netz AG.

Schlichtung zieht sich länger hin

Die Schlichtungsgespräche zum umstrittenen Bahnprojekt "Stuttgart 21" werden indes länger dauern. Wie das Büro des Schlichters Heiner Geißler am Mittwoch mitteilte, sind die Räumlichkeiten im Rathaus an drei weiteren Terminen reserviert. So wird die Runde am 20. und 27. November tagen, vorsorglich ist den Angaben zufolge auch der 29. November vorgemerkt.

Gegner und Befürworter des Bahnhofsumbaus hatten bislang bei zwei Schlichtungstreffen ihre Argumente dargelegt, aber noch keine Annäherung erzielt. Das Projekt "Stuttgart 21" ist heftig umstritten. Dabei soll der Kopfbahnhof in Stuttgart in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umgestaltet und zudem eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Wendlingen und Ulm gebaut werden. Nach Angaben der Bahn wird das Projekt insgesamt rund sieben Milliarden Euro kosten, Gegner des Projektes halten diese Berechnungen für zu niedrig.

Gegner verzichten auf Samstagsdemos

Die Gegner des Bahnprojektes "Stuttgart 21" kündigten unterdessen an, künftig auf die Samstagsdemonstrationen zu verzichten. "Zweimal die Woche zu demonstrieren wird einfach zu viel, wir konzentrieren uns jetzt auf den Montag", sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen "Stuttgart 21", Gangolf Stocker. Nur am 11. Dezember werde es noch einmal eine Samstagsdemonstration geben, kündigte er an.

Die Gegner des Projekts "Stuttgart 21" demonstrieren seit mehreren Monaten. Nachdem Ende September im Rahmen eines Polizeieinsatzes im Stuttgarter Schlossgarten über hundert Menschen teils schwer verletzt worden waren, erreichten die Protestkundgebungen ihren Höhepunkt. Die stark frequentierten Freitagsdemonstrationen waren vor einigen Wochen auf den Samstag verlegt worden, um auch Berufstätigen und Menschen von außerhalb Stuttgarts die Möglichkeit zur Teilnahme zu geben. In den vergangenen Wochen war die Zahl der Demonstranten allerdings gesunken.

(apd/top)
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