Kanzlerin Merkel gegen Peer Steinbrück Zwei Krisenexperten im Duell

Berlin · Als Kanzlerkandidat der SPD steht Peer Steinbrück nun fest. An diesem Montag wurde er vom Parteivorstand nominiert. Doch hat der frühere Finanzminister überhaupt eine Chance gegen Kanzlerin Angela Merkel? Ein Vergleich.

Das ist Peer Steinbrück
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Sie haben gemeinsam die Anfänge der Finanzkrise bewältigt: Steinbrück als Finanzminister in der großen Koalition, Merkel als Kanzlerin. Im Oktober 2008 versprachen sie gemeinsam, dass die Regierung für die Ersparnisse der Bürger einsteht.

Vier Jahre später ist aus der globalen Finanzkrise vor allem eine Euro-Krise geworden — und sie wird wohl eines der wichtigsten Themen im bevorstehenden Bundestagswahlkampf werden. Und diesmal sind Merkel und Steinbrück vor allem eines: Konkurrenten. Das bedeutet vor allem für den SPD-Mann viel Arbeit.

Denn einerseits stöhnen die Menschen zwar über die Krise und dass notgeplagte Länder wie Griechenland immer wieder frisches Geld erhalten, doch auf der anderen Seite ist die Beliebtheit der Kanzlerin ungebrochen. Ihrem Handeln in der Krise wird vertraut. Sie habe Qualitäten, die sich nicht so schnell abnutzen: unzensiert, auf Gebaren der Macht verzichtend, sagte Politologe Karl-Rudolf Korte unserer Redaktion. Ein Vorteil, den Steinbrück erst einmal aufholen muss. In der Beliebtheit steht er zwar weit vor Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel, doch die Wahl ist damit noch lange nicht gewonnen. Und an die Kanzlerin selbst kommt er derzeit nicht ran.

Die Krisenexpertin gegen den Krisenexperten

Dementsprechend will und muss sich Steinbrück, der ausgewiesene Bankenexperte, gegen Merkel positionieren. Er legte ein Konzept zur Bankenregulierung vor, will Griechenland mehr Zeit geben, spricht sich für Eurobonds aus. Die letzten beiden Themen aber wurden von den Wählern bislang kaum positiv aufgenommen.

Meinungsforscher Manfred Güllner analysiert die Position der beiden künftigen Kontrahenten im "Handelsblatt": "Die Menschen nehmen ihn sehr finanztechnokratisch wahr — auch wenn er sich verbreitert. (...) Aber Merkel tritt als Kümmerin auf und zeigt den Menschen, dass die Krise mit ihr nicht auf den Alltag durchschlägt. Das honorieren die Menschen."

Die Ruhige gegen den Polternden

Im Auftreten sind die beiden auch verschieden. Merkel agiert oft ruhig und besonnen, aber auch entschieden, wenn sie sich einmal festgelegt hat. Ihr Machtwort kommt manchmal spät, aber es hat Gewicht. Steinbrück dagegen poltert gern mal, ist ein brillianter Redner, der gern seine Meinung kundtut — und damit auch in der eigenen Partei, insbesondere im linken Flügel, immer wieder angeeckt ist. Er muss es schaffen, seine Partei zu einen, so wie es Merkel letzlich trotz aller Streitereien gelingt.

Auf der anderen Seite aber sind beide Pragmatiker mit einem scharfen analytischen Verstand. Dass sie in der Finanzkrise gemeinsam ohne Probleme agierten, kommt nicht von ungefähr. Trennschärfe zwischen beiden Kandidaten und Parteien zu zeigen, wird daher die wohl wichtigste Aufgabe der Wahlkampfstrategen. Denn im Land gibt es derzeit auch keine Wechselstimmung, "weil die Kanzlerin mit ihrem erklärungsarmen Pragmatismus gut in die Zeit passt", wie Politologe Korte erklärt.

Die Soziale gegen den Sozialdemokraten

Dass die Euro-Krise eines der wichtigsten Themen des Wahlkampfes sein wird, ist unumstritten. Und beiden Kandidaten wird hier durchaus Kompetenz zugetraut, eben auch durch die gemeinsame Erfahrung. Doch für Steinbrück gilt es nun auch, sich auf anderen Feldern zu positionieren, die soziale Kompetenz seiner Partei herauszustellen und sich so gegen die Union zu positionieren.

Auch das wird ein schwieriges Unterfangen werden, denn der schwarz-gelben Koalition ist es in den vergangenen Monaten trotz Streitereien gelungen, typische sozialdemokratische Themen wie Rente oder Mindestlohn anzupacken. "Ich kenne keine geschicktere 'Themendiebin' als die Vorsitzende der CDU, die somit mehrheitsfähig bleibt", sagt Korte im Interview.

"Die SPD hat die soziale Kompetenz noch", sagt dazu Güllner im "Handelsblatt". "Sie muss dies aber verkörpern. Steinbrück wird sich verbiegen müssen, um die Kluft zwischen ihm und der SPD zu schließen."

Zudem wird sich Steinbrück immer wieder anhören müssen, dass er gern mal die Position wechselt. So will er nun mehr Zeit für Griechenland, vor einigen Monaten aber hatte er noch die Probleme des Landes analysiert und im Endeffekt eher ungeeignet für die Euro-Zone eingestuft. Auch Merkel hat gelegentlich im Zuge der Krise ihre Meinung geändert, doch die Wähler haben es ihr bislang stehts verziehen, schaut man sich die Beliebtheitswerte an. Ob das beim scharfzüngigen Steinbrück auch so sein wird, wird sich spätestens in ein paar Wochen zeigen.

mit Agenturmaterial

(das)
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