Von der Leyen über ihre Beinahe-Kandidatur Zurück aus der "emotionalen Waschmaschine"

München (RPO). Für einen Tag feierten die Medien Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) als kommende Bundespräsidentin. Nur Stunden später hieß der Kandidat Christian Wulff - und von der Leyen hatte das Nachsehen. Nun spricht sie zum ersten Mal über die turbulenten Stunden.

Ursula von der Leyen - EU-Kommissionschefin und siebenfache Mutter
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Das ist Ursula von der Leyen

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Foto: AP/Efrem Lukatsky

Im Nachrichtenmagazin Focus lässt sich die Ministerin nichts anmerken. Ihr Verhältnis zu Kanzlerin Angela Merkel sieht sie als ungetrübt an. "Ich habe mit der Kanzlerin gesprochen, wir beide sind vollständig im Reinen", sagt die 51-Jährige Fast-Präsidentin.

Dabei war es alles andere als freundschaftsdienlich, was sich zwischen den beiden während der mitunter chaotisch anmutenden Stunden der Kandidatenkür abgespielt haben soll. Über Stunden soll Merkel ihre beliebte Vorzeige-Ministerin im Unklaren gelassen haben, obwohl die Entscheidung für Wulff längst gefallen war. Am Tag danach gratulierte sie ihrem Partei-Kollegen.

Nur zwischen den Zeilen ist herauszulesen, dass von der Leyen die Sache nicht kalt gelassen hat. Als Opfer einer Medienkampagne habe sie sich überhaupt nicht gefühlt, sagt die CDU-Politikerin, eher wie in einer "emotionalen Waschmaschine". Ein ungewöhnliches Bild, das Assoziationen weckt mit hohen Drehzahlen, Schleudergang und durcheinandergerüttelten Innenleben.

Es hat sie offensichtlich mitgenommen. Es waren bewegte Tage, sagt sie. Das Ganze habe sie jedoch auch gestärkt. "Vielleicht werde ich eines Tages sagen: Das war alles richtig. Da waren noch Aufgaben, die auf dich warten. Pack die mal an!" Ein Fingerzeig auf die schlagkräftigsten Argumente, die zum Verbleib im Kabinett geführt haben dürften. Von der Leyen ist eines der Aushängeschilder in Merkels Kabinett. Sie ist schwer beliebt in der Bevölkerung und ein Pfund, mit dem sich in den schweren Zeiten noch wuchern lässt.

Grund genug dafür, dass Journalisten von der Leyen immer wieder gerne mit dem Schreibtisch im Kanzleramt in Verbindung bringen. Sie selbst hat das stets von sich gewiesen. Auf eine entsprechende Frage im Focus-Interview reagierte sie mit schallendem Lachen. "Vergessen Sie das gleich wieder."

Am Montag wird in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein Beitrag von ihr zu lesen sein, in dem sie Christian Wulff als "staatsklug" und echten Vermittler lobt. Wulffs Erfolg beruhe auf "Klugheit und der seltenen Fähigkeit, sich selbst zurückzunehmen".

Auch sie verfügt offensichtlich über diese Gabe. Von der Leyen steht fest zu Merkel und dem umstrittenen Sparpaket. Das Siegel "soziale Kälte" weist sie zurück. Sie habe dafür gekämpft, dass bestimmte Zumutungen nicht kommen - etwa für Rentner und behinderte Menschen.

Von der Leyen schloss aus, dass auf das von der Bundesregierung vorgelegte Sparpaket bis zur nächsten Bundestagswahl weitere Einschnitte in dieser Größenordnung folgen könnten. "Es liegt jetzt alles auf dem Tisch", sagte sie Ministerin. Jeder könne wissen: "Das war's. Die Marschroute für die nächsten vier Jahre steht fest."

Die Ministerin kündigte die Streichung zahlreicher Programme für Arbeitslose an. "Etwa ein Fünftel unserer rund 40 Programme bringt zu wenig. Das knappe Geld sollten wir auf die Programme konzentrieren, die nachweislich Menschen in Arbeit bringen", argumentierte von der Leyen.

Nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" hat von der Leyen gute Chancen, auf dem CDU-Bundesparteitag Ende November in Karlsruhe neue stellvertretende Vorsitzende zu werden. Damit könnte sie das Erbe des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff anzutreten, der nach dem Willen von Union und FDP am 30. Juni zum Bundespräsidenten gewählt werden soll.

(apd/ddp/pst)
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