Bundeskanzler zu Gast bei „Maybrit Illner“ Olaf Scholz sieht keine Chance für Steuererhöhungen

Berlin · Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Donnerstag bei „Maybrit Illner“ über Inflation und Staatsschulden gesprochen. Steuererhöhungen zählt Scholz nicht zu den machbaren Gegenmaßnahmen - und lässt durchblicken, an welcher Partei es hakt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Gast in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Gast in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“.

Foto: dpa/Svea Pietschmann

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht derzeit keine Möglichkeit für Steuererhöhungen, um die Inflationslasten gerechter zu verteilen. „Wir haben keine Gesetzgebungsmehrheit für Steuererhöhungen“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. „Das ist etwas, wo unterschiedliche Überzeugungen existieren“, fügte er mit Blick auf den Koalitionspartner FDP hinzu. Er selbst sei für ein gerechteres Steuersystem, wie es auch im SPD-Programm für die Bundestagswahl im vergangenen Jahr verankert gewesen sei.

Politiker von SPD und Grünen fordern, Unternehmen und Reiche stärker an der aktuellen Krise zu beteiligen. Im Gespräch ist vor allem eine Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne, die stark von den hohen Energiepreisen profitieren. Zuletzt hatten sich am Wochenende SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und die Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt im „Spiegel“ dafür ausgesprochen. Es gibt zudem Forderungen nach einer Vermögensabgabe oder der Erhöhung der Erbschaftssteuer.

Die FDP lehnt Steuererhöhungen allerdings kategorisch ab. „Angesichts der fragilen wirtschaftlichen Entwicklung sind solche Debatten komplett kontraproduktiv. Es droht eine Abwärtsspirale aus Rezession und steigenden Belastungen“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai erst Anfang der Woche der dpa.

Angesichts der im Zuge des Ukraine-Kriegs gestiegenen Preise für Energie und Lebensmittel sagte Scholz im Gespräch bei „Maybrit Illner“ sowohl Firmen als auch Bürgern Hilfen in der Gaskrise zu, bremste aber vor zu hohen Erwartungen. „Wir werden nicht alle Preise runtersubventionieren können“, sagte der Kanzler. „Das kann kein Staat der Welt.“ Die Regierung werde auch nicht versprechen können, dass man den Preisanstieg von Gas und Öl auf dem Weltmarkt stoppen könne.

Aber die Bundesregierung prüfe etwa in der sogenannten konzertierten Aktion mit Gewerkschaften und Arbeitgebern, wie man angesichts der hohen Energiepreise helfen könne und müsse, sagte Scholz. Bei vielen Unternehmen und Privatkunden seien die hohen Gaspreise noch gar nicht voll durchgeschlagen, was aber zeitverzögert passieren werde. Die Regierung arbeite mit Hochdruck daran, eine Gasmangellage in Deutschland zu verhindern. Man bereite sich auch für den Fall vor, dass dieser Zustand doch eintrete, sagte der Kanzler. Es wäre aber unverantwortlich, sich nun in etwas hineinzusteigern, was man gerade abzuwenden versuche, sagte Scholz.

Er widersprach zudem den Eindruck, dass die Krise Deutschlands Finanzen überfordere. „Der Staatsbankrott steht wirklich nicht bevor“, betonte Scholz. Im Gegenteil werde Deutschland „in relativ kurzer Zeit“ das alte Schuldenniveau wieder erreichen, wenn alles normal weiterlaufe. Die deutsche Volkswirtschaft habe das Potenzial, dass man die Schulden reduzieren könne. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern werde Deutschland relativ gut aus der Krise kommen.

Die gegen Russland verhängten Sanktionen verteidigte Scholz. Politiker von Linken und AfD hatten zuletzt gefordert, Strafmaßnahmen gegen Russland aufzuheben oder auch die Gaspipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen, um einen Energie-Notstand abzuwenden. Es gibt Befürchtungen, dass Russland schon im Juli die Gaslieferungen nach Deutschland ganz einstellen könnte. Der Bundestag hat zur Vorbereitung auf diese Möglichkeit am Donnerstagabend einen Gesetzesentwurf beschlossen.

Bei „Illner“ betonte Scholz, er wolle die Solidarität Deutschlands mit der Ukraine trotz wachsender wirtschaftlicher Probleme im eigenen Land so lange wie nötig beibehalten. „Ich glaube, dass man immer nur mit der Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger agieren kann“, sagte er. „Aber ich glaube, dass das sehr lange möglich sein wird, und dass wir so lange wie es notwendig ist, die Solidarität mit der Ukraine aus Deutschland heraus aufrecht erhalten können.“

Deutschland sei auch um seiner selbst willen zu dieser Solidarität verpflichtet, weil in der Ukraine Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gegen die russischen Angreifer verteidigt würden. „Wir können nicht akzeptieren, dass ein Land seinen Nachbarn überfällt und sagt, ich klaue mir ein Stück von der Fläche, die gehört jetzt mir.“

(peng/bora/dpa/Reuters)
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