Konzept zur Zivilverteidigung Innenminister hält Stromausfall für am wahrscheinlichsten

Berlin · Flächendeckende Blackouts, Störungen von Kommunikation, Wasser- und Nahrungsversorgung - die Regierung will die Bevölkerung besser gegen solche Gefahren wappnen. Kritik lässt der zuständige Minister nicht gelten.

 Thomas de Maizière bei der Vorstellung des Konzepts in dem Berliner Wasserwerk.

Thomas de Maizière bei der Vorstellung des Konzepts in dem Berliner Wasserwerk.

Foto: afp

Die Bundesregierung will die Menschen in Deutschland umfassend vor Terrorattacken, Cyberangriffen und dem Ausfall lebenswichtiger Anlagen schützen. Das Bundeskabinett verabschiedete dazu am Mittwoch in Berlin das umstrittene Konzept zur Zivilverteidigung. Bundesinnenminister Thomas de Maizière wies die anhaltenden Vorwürfe von Panikmache und Verunsicherung zurück: Die moderne Gesellschaft biete "vielfältige Angriffspunkte", sagte er. Der CDU-Politiker warnte insbesondere vor einem großen Stromausfall.

"Wir alle wünschen uns, dass uns größere Krisen erspart bleiben", sagte de Maizière. Doch sei es vernünftig, sich "angemessen und mit kühlem Kopf" auf Krisenszenarien vorzubereiten. Auch bei schwersten Krisen müsse die Handlungsfähigkeit des Staats gewährleistet sein. Seit Mitte der 90er Jahre die heute noch geltenden Konzepte entwickelt wurden, hätten sich die sicherheitspolitischen und technologischen Bedingungen geändert.

Der zivile Katastrophenschutz soll mit Vorbereitungen für einen Verteidigungsfall verzahnt werden. Unterschiedliche Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen sollen besser koordiniert und Doppelstrukturen vermieden werden. Sicherheitsexperten befürchten, dass Terroristen oder Staaten etwa über Cyberattacken versuchen könnten, für die Versorgung der Gesellschaft wichtige Anlagen anzugreifen. Nach dem Ende des Kalten Krieges waren auch aus Kostengründen viele Schutzmaßnahmen zurückgefahren worden.

Das neue Konzept soll sicherstellen, dass Staat und Regierung auch im Fall großer Krisen funktionieren, die Bevölkerung geschützt ist, die Versorgung nicht unterbrochen wird und die Streitkräfte unterstützt werden. So müssten Ausweichquartiere bereitstehen, wenn das Gebäude eines Ministeriums nicht mehr arbeitsfähig sei. Zivilschutz müsse es etwa vor chemischen oder nuklearen Gefahren geben. Kulturgüter müssten geschützt, Strom-, Wasser- und Bargeldversorgung sichergestellt werden.

"Für mich persönlich ist am wahrscheinlichsten ein regional oder überregional lang anhaltender, dauerhafter Ausfall der Stromversorgung", sagte de Maizière bei der Vorstellung des Konzepts in einem Berliner Wasserwerk. "Ich kann mir vorstellen, dass es Gruppen oder Staaten oder eine Mischung von Gruppen und Staaten gibt, die ein Interesse daran hätten, einmal auszuprobieren, wie resilient, wie anpassungsfähig die deutsche Gesellschaft ist mit Blick auf die Abhängigkeit von der Stromversorgung."

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann kritisierte das Timing für das neue Konzept als "völlig verfehlt". Durch die Vorstellung des Vorhabens kurz nach den jüngsten Gewalttaten in Bayern "wächst Unsicherheit". Ebenso wie Oppermann unterstützte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch die Pläne in der Sache grundsätzlich. Allerdings warnte Bartsch vor Hysterie und einer Militarisierung des Katastrophenschutzes.

De Maizière wies Kritik zurück. "Es ist üblich, wenn eine Ressortabstimmung abgeschlossen ist, dass es dann ins Kabinett kommt." Es handele sich nicht um eine Reaktion auf eine neue Bedrohungslage. Es sei vernünftig, nach dem Grundsatz zu handeln: "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste." Auch zu Hamsterkäufen habe die Regierung nicht aufgerufen. Rufe nach einer Rückkehr zur Wehrpflicht wies de Maizière als "abwegig" zurück.

Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Christoph Unger, betonte, "dass die Bevölkerung heute kaum zu Selbstschutz und Selbsthilfe befähigt ist". Das betreffe nicht nur die Vorsorge etwa mit Lebensmitteln, sondern auch den Umgang mit einem Brand oder Erste Hilfe.

(lai/dpa)
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