Vor allem Arbeitlose wählten rechtsextrem Zentralrat fordert Konsequenzen aus NPD-Wahlerfolg

Frankfurt/Main (rpo). Nach den Erfolgen von NPD und DVU bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg hat der Zentralrat der Juden die etablierten Parteien zu Konsequenzen aufgefordert. Die Politiker hätten die Zeichen des Protest zu lange ignoriert.

Im Ergebnis der Rechtsextremisten drückten sich auch Versäumnisse der Politik aus, sagte Zentralratspräsident Paul Spiegel dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagausgabe). In der Union wurde der NPD-Erfolg als Protestwahl gewertet.

Spiegel betonte, dass das Wahlergebnis der NPD sehr ernst genommen werden müsse. Die Politiker hätten "die Zeichen des Protests im Osten zu lange ignoriert". Um Radikalen den Boden zu entziehen, müssten die notwendigen Reformen überzeugender erklärt werden.

Nach Spiegels Ansicht wirken derartige Wahlergebnisse auch negativ auf ausländische Investoren. Zugleich schloss sich Spiegel der Kritik von Innenminister Otto Schily (SPD) an der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an, das NPD-Verbotsverfahren zu stoppen. "Eine Partei, die antisemitische und ausländerfeindliche Propaganda macht, gehört nicht in ein Parlament", sagte Spiegel.

Ähnliche Kritik kam auch vom ehemaligen Präsidiumsmitglied des Zentralrates, Michel Friedman. "Wer die Wähler der NPD und DVU als Protestwähler bezeichnet, der verharmlost das Phänomen", sagte Friedman im Hessischen Rundfunk. Die beiden Parteien seien rassistisch, antisemitisch und antidemokratisch. "Wir müssen uns mit diesen Wählern auseinander setzen", sagte Friedman weiter.

Der NPD-Spitzenkandidat in Sachsen, Holger Apfel, betonte in der ARD, dass seine Partei keinen populistischen Wahlkampf geführt habe. "Plakate sind immer plakativ", sagte er. Die NPD vertrete "nationale und soziale" Interessen. "Das ist ein grandioser Sieg fürs deutsche Volk", kommentierte er den Einzug seiner Partei in den Dresdner Landtag. Der brandenburgische DVU-Vorsitzende Sigmar-Peter Schuldt wies den Vorwurf zurück, seine Partei habe Wahlkampf mit Krawall betrieben. Er sagte im ZDF: "Krawall haben die Medien gemacht, nicht wir."

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer äußerte sich besorgt über die starken Stimmengewinne der Rechtsparteien und der PDS. Die "populistischen und extremen Parteien auf dem rechten und linken Flügel" hätten jeweils zusammen über 30 Prozent erhalten, sagte Meyer. In Sachsen seien PDS und NPD mit den gleichen Parolen angetreten. Die Ergebnisse müssten für die demokratischen Parteien "Mahnung und Warnung" sein, für mehr Aufklärung über die Reformen zu sorgen, forderte Meyer.

Der stellvertretende Unionsfraktionschef im Bundestag, Wolfgang Bosbach, sagte den Stuttgarter Nachrichten, dass der NPD-Erfolg nicht überschätzt werden solle. "Die Wahlergebnisse stellen keinen Protest gegen die Demokratie in Deutschland dar, sondern einen Protest gegen die etablierten Parteien", sagte er. Es gebe keinen Rechtsruck in Deutschland. Der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt sagte, dass sich viele junge Wähler wegen einer "hohen Verunsicherung über die Zukunft" für die Rechtsextremen entschieden hätten.

Vor allem Arbeitslose wählen NPD

Einer ersten Analyse zufolge wurde die NPD in Sachsen vor allem von Arbeitslosen gewählt. Die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen ermittelte für das ZDF, dass 18 Prozent der Wähler ohne bezahlte Beschäftigung für die rechtsextremistische Partei votierten. Von den Arbeitern entschieden sich 13 Prozent für den rechten Rand, von Angestellten und Beamten sechs und von den Selbstständigen neun Prozent.

(ap)
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