ZDF-Sommerinterview mit Olaf Scholz Wie der Bundeskanzler um seine Bilanz kämpft
Berlin · Im letzten ZDF-Sommerinterview war ein kämpferischer Olaf Scholz zu sehen, der für seinen Kurs in der unbeliebten Ampel-Koalition streitet. Und der immer noch zuversichtlich ist, dass er wiedergewählt werden kann.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat angesichts schlechter Umfragewerte seinen Auftritt im ZDF-Sommerinterview genutzt, für die Ampel-Koalition und seinen Kurs als Regierungschef zu werben. Zugleich zeigte er sich kämpferisch, als es um Kritik an seinem Führungsstil ging. Hier ein Überblick über die wichtigsten Antworten des Kanzlers zu ausgewählten Themen.
Kanzlerschaft und Bundestagswahl
Scholz lehnt es ab, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen und rechnet gleichzeitig mit einem Sieg der SPD sowohl bei der anstehenden Landtagswahl in Brandenburg als auch bei der Bundestagswahl 2025. „Das ist doch ein kleines Oppositionsideechen, dass man mal immer so alle drei Wochen dieses Wort sagt“, sagte Scholz im ZDF. Zugleich wies Scholz Zweifel in der SPD an seiner Führungsrolle als Kanzler zurück. „Ich bin aus dieser Fraktionssitzung ... rausgegangen mit dem Gefühl, dass wir alle zusammenhalten“, sagte er mit Blick auf die Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion vergangenen Donnerstag und Freitag. Alle wüssten, worauf es jetzt ankomme und dass man alles dafür tun müsse, „dass wir ein neues starkes Mandat bei der Bundestagswahl kriegen und dass ich erneut die nächste Regierung führen kann“, sagte er. Im übrigen sei die SPD eine „kampferprobte Partei“, fügte Scholz im Hinblick auf die Aufholjagd vor der Bundestagswahl 2021 hinzu.
Ampel-Handeln
„Die Regierung hat eine Mehrheit und sie hat eine Mehrheit, die Aufgaben zu tun, um die es jetzt geht“, sagte Scholz. Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP habe bereits sehr weitreichende Entscheidungen getroffen. „Und das werden wir auch weiter tun“, sagte Scholz auf die Frage nach der zerstritten wirkenden Bundesregierung. Der Kanzler mahnte, dass die drei Parteien dafür sorgen müssten, dass die wichtigen Entscheidungen, die sie trotz öffentlicher Debatte getroffen hätten, auch als ihr Erfolg wahrgenommen würden.
Rente
Trotz der Vorbehalte in der FDP-Bundestagsfraktion ist sich Scholz sicher, dass die Ampel-Koalition das im Kabinett verabredete Rentenpaket II auch verabschieden wird. „Es wird beschlossen werden“, sagte er im ZDF auf mehrfache Nachfragen. „Es steht im Koalitionsvertrag. Wir haben es auf den Weg gebracht als Regierung“, betonte Scholz. Mit dem in der Regierung bereits verabredeten Rentenpaket II soll zum einen gesetzlich garantiert werden, dass das Rentenniveau in den Jahren bis 2039 nicht unter 48 Prozent eines Durchschnittslohns fällt. Zudem soll mit dem vor allem von der FDP geforderten Generationenkapital eine Aktienrente eingeführt werden.
Migration
Scholz bot der Opposition erneut an, zusammen effektivere Maßnahmen im Kampf gegen irreguläre Migration zu beschließen. „Wir haben schon Zurückweisung an der Grenze, wir haben schon Grenzkontrollen“, sagte er. „Ein effektives Grenzmanagement ist etwas, das wir gerne weiter und auch mit Unterstützung der Opposition ausbauen wollen“, fügte er mit Blick auf die Gespräche von Bund, Ländern und Union hinzu, die am Dienstag fortgesetzt werden sollen. „Darum wird es gute Vorschläge geben und darüber wird zu diskutieren sein.“ Scholz verneinte energisch die Frage, ob die Ampel das Thema Migration unterschätzt habe. Es sei falsch, den Eindruck zu erwecken, dass die Regierung jetzt erst handele. „Ich habe die größte Wende im Umgang mit Migration zustande gebracht in der Geschichte der letzten 10, 20 Jahre“, sagte er. „Wir haben dafür gesorgt, dass jahrzehntelang nicht durchsetzbare Entscheidungen durchgesetzt worden sind, was die Frage betrifft des Managements der irregulären Migration.“
Ukraine
Scholz sprach sich im ZDF_Interview für intensivere diplomatische Bemühungen um eine Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine aus. „Ich glaube, das ist jetzt der Moment, in dem man auch darüber diskutieren muss, wie wir aus dieser Kriegssituation doch zügiger zu einem Frieden kommen, als das gegenwärtig den Eindruck macht“, sagte er. Auf die Frage, ob es eine weitere Friedenskonferenz geben solle, antwortet er: „Es wird auf alle Fälle eine weitere Friedenskonferenz geben. Und der (ukrainische) Präsident und ich sind einig, dass es auch eine sein muss mit Russland dabei.“
Scholz wich allerdings der Frage aus, ob er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj noch vertraue, nachdem bekannt wurde, dass ein Ukrainer an der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee beteiligt gewesen sein soll. „Ich habe ein gutes Verhältnis zu Wolodymyr Selenskyj“, sagte der Kanzler. „Und gleichzeitig ist für mich völlig klar, dass diese Sache aufgeklärt werden muss.“