FDP-Vizechef Zastrow im Interview Zastrow: "In Deutschland gibt es zu viel DDR"

Dresden (RP). Der sächsische FDP-Vorsitzende Holger Zastrow gilt als Hardliner bei den Liberalen. Er setzt sich vehement für Steuersenkungen, die Abschaffung des "Soli" und einen harten liberal-konservativen Kurs ein. In Deutschland gebe es zu wenig Marktwirtschaft, beklagt der Stellvertreter von FDP-Chef Philipp Rösler im Gespräch mit unserer Redaktion.

 Sachsens FDP-Vorsitzender Holger Zastrow (r.) mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich.

Sachsens FDP-Vorsitzender Holger Zastrow (r.) mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich.

Herr Zastrow, gilt der FDP-Slogan vom einfachen, niedrigen und gerechten Steuersystem noch?

Zastrow Ich gehe fest davon aus, dass wir unser zentrales Wahlversprechen erfüllen.

Die FDP-Spitze erweckt den Eindruck, davon abrücken zu wollen.

Zastrow Für mich ist die Steuersenkung das zentrale Projekt. Hier müssen wir als FDP klar sein. Dafür gibt es uns in der Regierung ganz besonders. Wir wollten die unteren und mittleren Einkommen entlasten, und das müssen wir auch tun. Und zwar spürbar.

Was ist spürbar? Die Union nennt sechs Milliarden.

Zastrow Laut Mai-Steuerschätzung haben wir dieses Jahr rund elf Milliarden Euro über den Vorjahreseinnahmen zu erwarten. Das ist für eine Steuerentlastung schon eine ordentliche Größenordnung, schließlich ist das von den Steuerzahlern erwirtschaftet worden. Die elf Milliarden entsprechen zudem ungefähr den Einnahmen aus dem Solidarzuschlag, dessen Abschaffung sowieso überfällig ist.

Ist die Haushaltskonsolidierung nicht wichtiger geworden?

Zastrow Die Schieflage des Haushaltes kannten wir auch schon, als wir die Steuerentlastung zum wichtigsten Thema machten. Da müssen wir jetzt auch liefern. In Sachsen zeigen wir mit einem Haushalt ohne Neuverschuldung, dass Haushaltskonsolidierung nicht nur über die Einnahmen funktioniert, sondern auch durch oftmals unpopuläre Sparmaßnahmen. Wir müssen auch an die Ausgaben ran und zudem sehen, dass Steuerentlastungen immer auch die Konjunktur anregen. Steuersenkungen führen durch Konsum und Investitionen zu Wachstum. Das brauchen wir jetzt, wo die Wirtschaftsprognosen nicht mehr ganz so gut aussehen. Das ist nur ein Grund mehr, als bürgerliche Regierung Flagge zu zeigen. Das Geld ist da, wie wir durch die überraschende Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes für Beamte erfahren haben.

Wie wichtig ist ihnen diese Forderung?

Zastrow Wir sind als Liberale dafür gewählt worden, den Bürgern Rechte vom Staat wieder abzutrotzen. Was sollen wir als FDP noch in einer Regierung, wenn wir als Liberale es nicht schaffen, dem Bürger Freiheiten zurückzugeben und ihn in seiner Souveränität gegenüber dem Staat wieder zu stärken? Dazu gehört es auch, den Bürgern wieder mehr Selbstbestimmung über ihr eigenes Geld zu geben. Und das geht nur über das Absenken sowohl von Steuern und Abgaben als auch von Staatsausgaben. Wir müssen das in Oppositionszeiten geschriebene liberale Sparbuch endlich ernst nehmen.

Sie stellen also auch die Koalitionsfrage?

Zastrow Nein, denn die Entlastung der berufstätigen Mitte ist ja mit CDU und CSU zum Jahresbeginn 2013 fest vereinbart. Wenn dann die Entlastung trotzdem an der Union scheitern sollte, machte ein Verbleib der FDP in der Regierung aber keinen Sinn mehr. An diesem zentralen Thema entscheidet sich die Glaubwürdigkeit der FDP. Erst wenn wir da geliefert haben, hat die FDP auch auf anderen Themengebieten wieder freies Schussfeld.

Damit konnten sie aber schon bei mehreren Landtagswahlen überhaupt nicht punkten.

Zastrow Mit Worten allein überzeugen wir niemanden mehr. Es müssen nun endlich Taten folgen. Denn wir werden nicht mehr gewählt, weil wir schlaue Wähler haben. Die schauen, was wir versprochen und was wir gehalten haben. Die verzeihen, wenn wir als kleinere Partei nicht hundert Prozent schaffen, aber sie wollen sehen, dass wir uns dafür mit aller Kraft einsetzen.

Dann müssen Sie das Steuersystem auch gerechter machen.

Zastrow Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass die linksgrünen Parteien den Berufstätigen mit unteren und mittleren Einkommen eine Steuererleichterung nicht gönnen wollen. Sie würden im Bundesrat die Abschmelzung der kalten Progression blockieren und auf Zeit spielen. Das darf sich die Regierung nicht gefallen lassen. Wenn SPD und Grüne ihre Haltung nicht ändern, müssen wir eben den Solidaritätszuschlag abschaffen. Das können wir durchsetzen, ohne dass die Opposition im Bundesrat dies verhindern kann.

Es gibt auch die Überlegung, die Einkommensgrenzen anzuheben, bis zu der kein Soli zu zahlen ist, um damit zu verhindern, dass die großen Einkommen besonders entlastet werden.

Zastrow Es geht darum, die Mehrheit der Normalverdiener zu erreichen. Wenn dabei die oberen Einkommen auch entlastet werden, dann muss man das in Kauf nehmen. Von einer liberal-konservativen Regierung muss man eine Politik für die Mitte erwarten. Gerade jetzt, wo SPD und Grüne geradezu einen Anschlag auf die Mitte planen. Wenn die Grünen Berufstätige ab 80.000 Euro Jahreseinkommen steuerlich wie Millionäre behandeln wollen, dann kann das doch einfach nicht mehr wahr sein. Da muss man doch was dagegensetzen.

Bleibt Schwarz-Gelb die Koalition Ihrer Wahl?
Zastrow Es gibt für uns nur einen natürlichen Verbündeten, und das ist die Union. Wir haben ein ähnliches Wertegerüst. SPD und Grüne und natürlich erst recht die Linken träumen doch vom Sozialismus. Es steckt ohnehin schon zu viel "DDR" in der heutigen Bundesrepublik, zu viel Staatswirtschaft, zu viel Gleichmacherei, zu viel Bevormundung. Wir brauchen viel mehr Marktwirtschaft. Und die darf nicht nur für die Kleinen gelten, sondern auch für die Großen, auch für die Banken. Leistungsgedanke und Eigenverantwortung zählen in dieser Gesellschaft leider nicht mehr viel. Ich erwarte von Liberalen und Konservativen, dass sie diese Werte aber hochhalten und durchsetzen. Mit den Linksgrünen geht das nicht.

Mit dem stellvertretenden FDP-Bundesvorsitzenden Holger Zastrow sprachen Michael Bröcker, Rena Lehmann und Gregor Mayntz

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