Der US-Präsident, Berlin und die Spähaffäre "Yes we scan" — Internetprotest gegen Obama

Berlin · Als Barack Obama vor fünf Jahren Berlin besuchte, da war die Begeisterung groß. Doch nun, als US-Präsident, kommt er mit einem ramponiertem Image in die deutsche Haupstadt. Auch wegen des Spähprogramms des US-Geheimdienstes NSA. Im Internet jedenfalls muss sich Obama schon seit einigen Tagen jede Menge Spott gefallen lassen – auch am Tag seines Berlin-Besuches.

Barack Obama und "The Beast" besuchen Berlin
7 Bilder

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Als Barack Obama vor fünf Jahren Berlin besuchte, da war die Begeisterung groß. Doch nun, als US-Präsident, kommt er mit einem ramponiertem Image in die deutsche Haupstadt. Auch wegen des Spähprogramms des US-Geheimdienstes NSA. Im Internet jedenfalls muss sich Obama schon seit einigen Tagen jede Menge Spott gefallen lassen — auch am Tag seines Berlin-Besuches.

Abgesperrte Straßen, massive Kontrollen — der Besuch des US-Präsidenten in Berlin gleicht einem wahren Sicherheitsmarathon. Wenn er am Nachmittag am Brandenburger Tor spricht, dürften wieder Tausende seinen Worten lauschen. Doch statt eines hoffnungsvollen Präsidentschaftskandidaten kommt Obama diesmal als Präsident, der manche Hoffnung enttäuscht hat. Entsprechend groß sind auch die Erwartungen an seine Rede.

Ein Thema jedenfalls hat sich in den vergangenen Tagen massiv in den Vordergrund gedrängt: Dass der US-Geheimdienst NSA Nutzerdaten von Internetriesen wie Google oder Facebook auswertet. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin etwa forderte daher klare Worte der Kanzlerin an den US-Präsidenten. "Merkel müsse dem "Global Big Brother NSA genauso die Schranken aufzeigen wie ihrem LIttle Big Brother Hans Peter Friedrich", sagte Trittin unserer Redaktion.

Merkel will Späh-Affäre zum Thema machen

Die Kanzlerin hatte aber bereits im Vorfeld angekündigt, dass sie das Spähprogramm zum Thema machen wolle. "An dieser Stelle setze ich mich für Transparenz ein", sagte sie etwa im Interview mit "RTL Aktuell". Und sie gab zu, dass sie das Ausmaß der Überwachung "in gewisser Weise" schon überrascht habe. Wesentlich deutlicher als aus der Politik kommt aber Kritik aus der Internetgemeinde. Dort ist die Späh-Affäre seit Tagen eines der heiß diskutierten Themen.

So wurde etwa eine Webseite mit dem Namen "Obama is checking your E-Mail" geschaffen. Dort laden User seit Tagen Bilder hoch, in denen der US-Präsident entweder auf sein eigenes oder ein fremdes Handy schaut. Auf anderen sitzt er gemeinsam mit amerikanischen Schulkindern vor einem Computer, oft lacht er dabei.

Auch in den sozialen Netzwerken wird Obama mit reichlich Spott überzogen. Auf Facebook und Twitter werden Fotomontagen eingestellt oder Fotos mit passender Zeile. "Yes we scan" ist dabei oft das Motto — eine Abwandlung von Obamas Wahlkampfmotto "Yes we can". Auf manchen Plakaten ist unter diesem Spruch ein Obama mit Kopfhörern abgebildet, ähnlich Schauspieler Ulrich Mühe in seiner Rolle in "Das Leben der anderen", der von den Spionage-Aktivitäten der Stasi in der DDR handelt.

Auf einem anderen Foto reißt sich Obama wie in "Mission Impossible" die Maske vom Gesicht und zum Vorschein kommt das Antlitz seines Vorgängers George W. Bush. Ein Comic zeigt eine Häuserwand, die mit Obama-Plakaten beklebt ist. Der Präsident auf diesen Plakaten stiert regelrecht auf einen ganz verschüchtert vorbeilaufenden Mann mit Handy in der Hand. Und eines der Bilder, auf denen Obama mit US-Schulkindern vorm Computer zu sehen ist, ist untertitelt mit den Worten: "Ja, wir können auch sehen, wenn ihr diese Seite besucht."

"Er hat ein Ohr für alle"

Der Spott will auch am Tag des Obama-Besuches in Berlin nicht enden. Im Gegenteil: Er wurde hinausgetragen aus dem Netz in die Hauptstadt. Per sozialer Netzwerke wurde sich zum Protestieren in Berlin verabredet, Bilder bei Twitter zeigen Demonstranten, die "Yes we scan"-Plakate hochhalten.

Entsprechend sind auch die Erwartungshaltungen an die Rede Obamas mit der Späh-Affäre verknüpft. Da heißt es bei Twitter etwa lakonisch, er werde den bedeutenden Satz "Tear down this firewall" sagen in Anlehnung an Ronald Reagans "tear down this wall". "We are watching you", schlägt ein anderer User vor oder auch "Ick bin ein Trojaner. Und natürlich immer wieder "Yes we scan".

Aber auch allgemeiner Spott in Bezug auf die Affäre überzieht den Präsidenten. "Ob der Bundespräsident Obama die Gauck-Behörde als Vorbild für die Aufarbeitung von NSA Prism-Skandal empfohlen hat", fragt ein User. Andere stellen Fragen wie "Hätte die Stasi Terror als Grund für ihre Überwachung genannt, wär also alles in Ordnung gewesen?" oder "Sollte man Obama eigentlich lieber blocken…? Kommt mir komisch vor das er mir folgt…" "Man kann sagen, was man will, über diesen Obama, aber er hat ein Ohr für alle", bemerkt ein weiterer User spöttisch.

Ob Obama von all den Protesten etwas mitbekommt im hochabgeriegelten Berlin, ist fraglich. Um das Thema herumkommen wird er nicht, wenn Merkel ihn darauf anspricht. Doch dass sich an der Praxis wirklich etwas ändert, das glaubt in diesen Tagen wohl kaum ein Internetnutzer.

(das)
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