Kredit-Affäre Wulff veröffentlicht Urlaubsliste

Düsseldorf · Bundespräsident Christian Wulff geht in die Offensive: Am Sonntag ließ er ein Schreiben veröffentlichen, in der er seine privaten Urlaubsziele auflistet. Mehrfach ließ er sich von Unternehmern einladen - angeblich allesamt Freunde der Familie Wulff.

Der Spiegel greift in seiner aktuellen Ausgabe Bundespräsident Christian Wulff an.

Der Spiegel greift in seiner aktuellen Ausgabe Bundespräsident Christian Wulff an.

Foto: dapd, Adam Berry

Der Druck auf Bundespräsident Christian Wulff wächst. Neben dem 500.000-Euro-Privatkredit werden jetzt auch seine Urlaubsaufenthalte bei befreundeten Unternehmern in den vergangenen Jahren zur schweren Hypothek.

Während seiner Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident habe er insgesamt sechs Mal die Räumlichkeiten von befreundeten Unternehmern für private Urlaube genutzt, berichtete die "Bild"-Zeitung (Montagausgabe) unter Berufung auf eine aktuelle Anfrage beim Bundespräsidenten.

Flitterwochen im Haus von Freunden

Neu dabei ist ein Urlaub im italienischen Anwesen des Unternehmers Wolf-Dieter Baumgartl, dem früheren Chef und heutigen Aufsichtsratschef der drittgrößten deutschen Versicherungsgruppe Talanx.

Für den Urlaub im toskanischen Ferienhaus des Hannoveraner Finanzunternehmers soll Wulff nichts bezahlt haben, schreibt "Bild". Dies habe Wulff-Anwalt Gernot Lehr bestätigt. Der Urlaub im Frühjahr 2008 in Livorno kurz nach der Trauung der Wulffs habe eine Woche gedauert. Die Ehepaare sind demnach "persönlich befreundet". Seine Kontakte zu Baumgartl habe er "zur Förderung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen im Land Niedersachsen genutzt", zitierte die "Bild"-Zeitung den Anwalt.

Die Bonner Rechtsanwaltskanzlei veröffentliche unmittelbar darauf die Liste und räumte ein, dass Wulff seine Ferien zuweilen "abgeschieden von der Öffentlichkeit bei befreundeten Familien" verbracht habe. Diese Urlaubsaufenthalte, "die überwiegend gemeinsam mit den jeweiligen langjährigen Freunden stattfanden", hätten aber "keinen Bezug zu seinen öffentlichen Ämtern" gehabt.

Der Auslöser

Auslöser der Präsidentenkrise ist ein privater Kreditvertrag aus dem Jahr 2008, der laut Wulff mit der Ehefrau des befreundeten Unternehmers Egon Geerkens geschlossen wurde. Wulff, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, hatte Anfang 2010 eine Geschäftsbeziehung zu Egon Geerkens im Landtag verneint. Dabei hatte er unerwähnt gelassen, dass er den Kredit mit dessen Ehefrau schloss. Das bedauerte Wulff am Donnerstag. Am Freitag berichtete der "Spiegel", dass der Kredit offenbar doch direkt mit Egon Geerkens ausgehandelt worden sei.

Wulff ließ über seine Anwälte am Freitagabend bekräftigen, das Darlehen stamme von Edith Geerkens.

Wulff bestritt zugleich, dass er den Privatkredit zu einem besonders günstigen Zinssatz bekommen hat. "Der Kredit wurde verkehrsüblich verzinst", teilten Wulffs Anwälte der "Welt am Sonntag" auf Anfrage mit. Bestätigt wurde jedoch auch, dass Edith Geerkens für das Darlehen "keine Sicherheiten" verlangt habe. Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim sieht unter anderem in dem angeblich günstigen Zinssatz von vier Prozent einen Vorteil für Wulff und damit einen Verstoß gegen das Ministergesetz in Niedersachsen.

Opposition drängt auf Aufklärung

SPD, Grüne und Linke verlangten am Wochenende Aufklärung über die Umstände des Darlehens. Derweil wiesen Wulffs Anwälte Mutmaßungen zurück, bei den Urlaubsaufenthalten in der Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident sei gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen worden.

Wulff selbst hatte sich am Samstagabend persönlich zu Wort gemeldet und deutlich gemacht, dass er keinen Anlass zum Rücktritt sieht. Dem Hörfunksender MDR Info sagte er: "Man muss selber wissen, was man macht und das muss man verantworten. Und das kann ich. Und das ist das Entscheidende." Man müsse auch unterscheiden, "wo ist etwas real und wo ist etwas mit sehr viel Staub aufwirbeln verbunden".

Wulff gerät immer stärkert unter Druck

Die Krise, so klein sie zu beginn schien, droht Wulff nun zunehmend über den Kopf zu wachsen. Der mediale Druck ist immens. Am Montag titelt die aktuelle Ausgabe des "Spiegel" mit der Überschrift "Der falsche Präsident". Die Unterstützung in den eigenen Reihen wird dünn. Kanzlerin Merkel und Unions-Fraktionschef Volker Kauder hüllen sich am Wochenende in Schweigen.

Zinsen, Privatkredite, Urlaubsreisen. Rückendeckung bekommt Wulff derzeit ausgerechnet von FDP-Chef Philipp Rösler, der den Bundespräsidenten in der ARD für dessen angestrebte "größtmögliche Transparenz" lobte. Einen Rücktritt Wulffs halte er nicht für geboten: "Das ist absolut nicht die Forderung der FDP."

Nach außen zeigt sich auch die CDU solidarisch. "Der Bundespräsident hat sich umfassend erklärt. Ich habe volles Vertrauen in seine Aussagen", sagte Generalsekretär Hermann Gröhe der Zeitung "Die Welt". Er rief SPD und Grüne auf, "rasch zum nötigen Respekt zurückfinden, der unserem Staatsoberhaupt gegenüber geboten ist".

Ein vielsagender Hinweis bei Jauch

Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber sagte im Bayerischen Fernsehen, er könne sich nur Bundeskanzlerin Angela Merkel anschließen, "die vollstes Vertrauen in den Bundespräsidenten hat und ihm natürlich auch zur Seite steht".

Vielsagend kam jedoch auch ein Hinweis in der Talkshow Günther Jauch am Sonntagabend daher: Als der Unionspolitiker Peter Altmaier auf die breite Unterstützung der Koalition für Wulff abheben will, unterbricht ihn Jauch. Man habe bei der Vorbereitung der Sendung schrecklich viele Absagen aus den schwarz-gelben Reihen bekommen, gibt er zu verstehen. Altmaier steht da als einer, der den Kopf hinhalten muss.

(pst)
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