Ehrensold sorgt für Widerspruch Wulff soll freiwillig verzichten

Berlin · Der Ehrensold für Christian Wulff erhitzt die Gemüter. Eine überwältigende Mehrheit der Deutschen hält die Entscheidung für falsch. Politiker von FDP und SPD fordern den Ex-Bundespräsidenten auf, freiwillig darauf zu verzichten. Pikant: Wulff selbst hatte vor anderthalb Jahren finanzielle Abstriche gefordert.

Reaktionen auf Wulffs Rücktritt
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Foto: dpa, Hannibal Hanschke

Die Entscheidung im Bundespräsidialamt ist gefallen: Der zurückgetretene Christian Wulff soll den sogenannten Ehrensold erhalten. Doch ein Großteil der Deutschen ist damit alles andere als einverstanden. Im aktuellen DeutschlandTrend der ARD sprachen sich 84 Prozent der Befragten dagegen aus, dass das ehemalige Staatsoberhaupt bis zu seinem Lebensende 199.000 Euro jährlich erhalten soll. Nur 15 Prozent sind dafür.

Damit ist die Zahl derer, die gegen den "Ehrensold" für Wulff sind, noch einmal gestiegen. Im DeutschlandTrend extra vom 17. Februar hatten sich 80 Prozent der Befragten gegen diese Zahlungen an Wulff ausgesprochen, 16 Prozent dafür.

"Signal der Einsicht"

In Politik und Medien macht sich zeitgleich Protest breit. Abermals hat sich die Bild-Zeitung an die Spitze der Empörungswelle gesetzt. Politiker der Liberalen und der Sozialdemokraten forderten in dem Blatt, Wulff solle freiwillig auf den Ehrensold in Höhe von jährlich 199.000 Euro verzichten.

Der FDP-Haushaltspolitiker Jürgen Koppelin sagte der "Bild"-Zeitung, "es wäre am besten, Herr Wulff würde auf den Ehrensold verzichten oder das Geld an gemeinnützige Einrichtungen spenden. Damit würde er ein Stück seiner Glaubwürdigkeit zurückgewinnen." Das SPD-Vorstandsmitglied Heiko Maas forderte Wulff ebenfalls zum Verzicht auf. "Wulff sollte den Ehrensold nicht annehmen. Damit könnte er endlich ein Signal der Einsicht und des Bedauerns senden", sagte Maas.

Ein altes Interview macht Wulff zu schaffen

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert sagte, eigentlich dürfe Wulff schon deshalb keinen Ehrensold erhalten, "weil er nach einer peinlichen Affäre unehrenhaft aus dem Amt geschieden ist. Das Wort Ehrensold ist in seinem Fall völlig Fehl am Platz."

Dass über Wulff nun abermals die Wogen der Empörung zusammenschlagen, hat nicht nur damit zu tun, dass er in der Öffentlichkeit den Stempel des Raffzahns trägt und unterm Schlagwort "Wulffen" zum Synonym eines Mitnehmers geworden ist. Besondere Brisanz entfaltet nun auch ein Interview, das Wulff im Jahr 2010 dem ZDF gab. Das Thema: Ehrensold.

"Das wird man verändern müssen", sagte Wulff damals mit Blick auf die Höhe der Zahlungen. Auf die Nachfrage, in welche Richtung denn Veränderungen gehen sollten, konkretisierte Wulff: "Dass man dort Abstriche vornimmt."

Angeblich wieder ein Fall für den Staatsanwalt

Das Bundespräsidialamt hatte am Mittwoch mitgeteilt, die rechtlichen Voraussetzungen für die Zahlung des Ehrensoldes seien erfüllt, Wulff sei am 17. Februar "aus politischen Gründen" zurückgetreten. Laut Gesetz ist bei einem vorzeitigen Ausscheiden allein "aus politischen oder gesundheitlichen Gründen" die Zahlung eines Ehrensolds vorgesehen.

Wulff hatte unter dem Druck staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wegen des Verdachts auf Vorteilsannahme sein Amt niedergelegt. Dabei geht es um seine Beziehungen zu dem Filmproduzenten David Groenewold.

Der Anti-Korruptionsverein "Cleanstate e.V." will nach Informationen der "Bild" am Freitag Strafanzeige wegen möglicher Untreue gegen den Chef des Bundespräsidialamtes, Lothar Hagebölling, stellen. Cleanstate-Vorstandssprecher Hans-Joachim Selenz sagte der Zeitung, Hagebölling sei ein enger Mitarbeiter Wulffs in Niedersachsen wie auch im Bundespräsidialamt gewesen. "Es hat offensichtlich keine objektive und unabhängige Prüfung bei der Entscheidung der Gewährung des Ehrensolds gegeben."

Ein Fall, den es so noch nicht gab

Kritik kam auch von wissenschaftlicher Seite: Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim kritisierte, es habe bei der Sold-Entscheidung keine gerichtliche oder politische Kontrolle gegeben. Von Arnim sagte der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse", Beamte, die kürzlich noch Untergebene und politische Weggenossen Wulffs waren, hätten nun über den Ehrensold entschieden. "Da stellt sich die Frage ihrer Unbefangenheit." Von Arnim verwies zudem darauf, dass im Falle des Ablebens von Christian Wulff dessen Witwe "60 Prozent des Ehrensoldes auf Lebenszeit erhalten" würde.

Der Politikwissenschaftler Peter Lösche zeigte Verständnis für die breite Kritik aus der Bevölkerung. Es habe aber für das Bundespräsidialamt bei dem fraglichen Votum nur ein Entweder-Oder gegeben, sagte Lösche unserer Redaktion und verwies darauf, dass es noch keinen Präzedenzfall gegeben haben.

(AFP/RP/rpo)
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