Rede zum Tag der Einheit Wulff fordert Integrationswillen und Toleranz

Bremen (RPO). Zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung hat Bundespräsident Christian Wulff Einwanderer eindringlich zur Integration aufgefordert, die Deutschen aber zugleich zu Toleranz und Offenheit ermahnt.

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"Wir haben erkannt, dass multikulturelle Illusionen die Herausforderungen und Probleme regelmäßig unterschätzt haben", sagte Wulff beim zentralen Festakt am Sonntag in Bremen vor führenden Repräsentanten aus Bundes- und Landespolitik sowie ausländischen Staatsgästen laut vorab verbreitetem Redeentwurf.

In Deutschland zu Hause zu sein bedeute, die Verfassung und ihre Werte zu achten, sich an die gemeinsamen Regeln zu halten und "unsere Art zu leben, zu akzeptieren", betonte Wulff. "Wer das nicht tut, wer unser Land und seine Werte verachtet, muss mit entschlossener Gegenwehr rechnen." Es werde "zu Recht" auch erwartet, dass sich jeder, der hier leben wolle, "nach seinen Fähigkeiten" in das Gemeinwesen einbringe. "Wir verschließen nicht die Augen vor denjenigen, die unseren Gemeinsinn missbrauchen", betonte der Bundespräsident in seiner mit Spannung erwarteten Rede zum derzeit kontrovers diskutierten Thema Integration.

Zugleich rief Wulff die Deutschen auf, sich nicht zu Fremdenfeindlichkeit aufstacheln zu lassen und die hier lebenden Einwanderer als Bereicherung zu begrüßen. "Legendenbildungen, Zementierung von Vorurteilen und Ausgrenzungen dürfen wir nicht zulassen", sagte Wulff. Das ist in unserem ureigenen nationalen Interesse. Die Zukunft gehört den Nationen, die offen sind für kulturelle Vielfalt, für neue Ideen und für die Auseinandersetzung mit Fremden und Fremdem." Deutschland brauche Zuwanderer. Er wolle nicht, dass Menschen mit ausländischen Wurzeln "verletzt werden in durchaus notwendigen Debatten".

Ostdeutsche als Vorbild für alle

Weiterhin wüdigte Wulff die Veränderungsbereitschaft der Ostdeutschen als Vorbild für alle Bürger des Landes. Der Bundespräsident sagte, die Menschen im Osten hätten mit ihrem Mut zur Veränderung "aus ganz Deutschland ein anderes Deutschland gemacht". Sie hätten vorgelebt, wie Umbrüche zu meistern seien. Das sei bis heute nicht ausreichend hervorgehoben worden. 20 Jahre nach der Wiedervereinigung brauche das ganze Land solchen Mut in einer sich rasant verändernden Welt.

Nach Ansicht Wulffs driften Lebenswelten in Deutschland auseinander: die von Alten und Jungen, Spitzenverdienern und denen, die vom Existenzminimum leben, Menschen mit und ohne Arbeit, Volk und Volksvertretern sowie Menschen unterschiedlicher Kulturen und Glaubensbekenntnisse. Einige Unterschiede lösten bei manchen Ängste aus, die man nicht leugnen dürfe. Das Land müsse Verschiedenheit wollen und aushalten. Zu große Unterschiede gefährdeten aber den Zusammenhalt. Vielfalt müsse geschätzt, Risse in der Gesellschaft müssen aber geschlossen werden. Das sei die Aufgabe der "Deutschen Einheit" heute.

Wulff bezeichnete in seiner mit Spannung erwarteten Rede den 3. Oktober 1990 als "epochalen Tag". Auch 20 Jahre danach erfülle ihn dieser Tag mit großer Dankbarkeit. Er verneige sich vor allen, die für die Freiheit gekämpft hätten. Das Staatsoberhaupt nannte als Beispiel die unlängst gestorbene Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley.

(AFP/sdr)
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