Kuchenbude statt Sommeraffären Wulff besucht zum ersten Mal die Bundeswehr

Flensburg (RPO). Bundespräsident Christian Wulff hat beim ersten Besuch der Bundeswehr in seiner Amtszeit vor zu hohen Kürzungen bei der Ausstattung der Truppe gewarnt: Die Soldaten müssten sich darauf verlassen können, "dass die Streitkräfte auch künftig das erhalten, was sie zu einer erfolgreichen Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen", sagte Wulff am Freitag. Wulffs erster Besuch bei der Bundeswehr lief insgesamt ein wenig holpriger als seine Ansprache.

Wulff lädt ins Bundespräsidentenbüro
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In seiner Rede bei der Vereidigung von 250 Offiziersanwärtern in der Marineschule in Flensburg-Mürwik bezeichnete Wulff, die Reformfähigkeit der Streitkräfte als beispielhaft. Eine Stellungnahme zu den großen Einschnitten, die die Bundesregierung für die Streitkräfte plant, lehnte Wulff aber ab. Es "wäre unklug", sich bei der Vereidigung dazu zu äußern, sagte er. Das Bundesverteidigungsministerium plant nach Presseberichten ein Aussetzen der Wehrpflicht. Der Besuch bei der Marine am Freitag war nicht der offizielle Antrittsbesuch des Präsidenten bei der Bundeswehr.

Wulff würdigte den Mut der jungen Offiziersanwärter. "Was sie erwartet sind die Gefahren der See und die Herausforderung des Einsatzes", sagte er. Wulff lobte den hohen Frauenanteil bei den jungen Soldaten. "Chancengerechte Karrierewege von Männern und Frauen sichern die Zukunftsfähigkeit unseres Landes", fügte er hinzu.

Der Besuch von Wulff bei der Bundeswehr war mit Interesse erwartet worden. Wulffs Amtsvorgänger Horst Köhler hatte sich im Frühjahr missverständlich zum Thema Bundeswehreinsätze im Ausland geäußert. Er war zurückgetreten, nachdem es laute Kritik an den Äußerungen gegeben hatte.

Kaiserwetter und Kuchenbude

Am Anfang des Termins machte Christian Wulff den Eindruck, als sei er noch nicht ganz im großen Amt des Bundespräsidenten angekommen: Als er am Freitag mit langen Schritten beim Besuch der Marine auf die Gangway zum Schulschiff "Gorch Fock" zumarschierte, blieb er auf dem letzten Meter plötzlich stehen. Lange Sekunden blickte er den Hauptgefreiten an, der dort Wache hielt. Erst als der völlig verunsicherte Soldat mit einer diskreten Handbewegung klar machte, Wulff dürfe ohne zu fragen an Bord, zog der Bundespräsident weiter zum Cocktailempfang.

Dabei war es doch ein Tag wie gemalt für einen Präsidentenbesuch: Kaiserwetter hätte man früher den strahlenden Sonnenschein genannt, zu dem sich 250 Offiersanwärter vor der Marineschule in Flensburg-Mürwik aufgestellt hatten: Vor sich das 100 Jahre alte rote Backsteinensemble der Marineschule, dass von den Admirälen auch gerne als Rotes Schloss am Meer bezeichnet wird. Hinter sich die blaue Flensburger Förde und die dänische Küste. Mit steifem Präsidentengesicht schritt Wulff die Formation ab und nickte der Fahne zu.

Schöne Bilder gegen verkorksten Präsidentensommer

Der Termin mit den schönen Bildern sollte wohl auch über den verkorksten bisherigen Präsidentensommer hinweghelfen: Erst plagten den Niedersachsen Schlagzeilen über seine Familienferien auf Mallorca, die er angeblich in der gigantischen Villa eines Millionärsfreundes verbracht haben soll. Danach musste Wulff tagelang über die Brötchenaffäre lesen: Berliner Bäcker waren sauer darüber, dass ein Kollege aus Hannover Wulffs Amtssitz Schloss Bellevue mit Backwaren beliefert. Beide Geschichten waren von manchen eher als dem Sommerloch als tatsächlich kritikwürdigem Verhalten geschuldet eingeschätzt worden. Wulff zeigte sich am Freitag trotzdem angefressen: Über seine Malle-Ferien hätte er sich "keine Berichterstattung gewünscht", sagte er.

Und auf die Frage, ob er auch in Zukunft eher auf den Klatsch-Seiten statt in den Politiknachrichten auftauchen wolle, sagte Wulff: "Sie werden damit rechnen können, dass wir uns zu allen Fragen der Politik in den nächsten Jahren werden äußern können." Wobei offen blieb, ob Wulff mit "wir" ihn und seine am Freitag abwesende Frau Bettina meint oder ob er sechs Wochen nach Amtsantritt schon das sogenannte präsidiale "Wir" benutzt.

Präsidentensegel für Wulff

Ein anderes Wort lernte Wulff bei der traditionell zeremoniebewussten Marine wohl neu: Auf dem Schulschiff "Gorch Fock" hatten die Matrosen zu seinen Ehren das "Präsidentensegel" angeschlagen: Eine große Persenning über fast das ganze Schiffsdeck gegen die pralle Sommersonne. Die einfachen Segler nennen sowas schlicht Kuchenbude, weil die Mannschaft gerne daruntersitzt und sich mit Gebäck stärkt. Vielleicht auch mit welchem aus Hannover. Was für Häppchen die Marine für Wulff reichte, blieb vorsichtshalber geheim.

(apd/apn)
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