Gelöbnis in Berlin Wulff befürchtet Gleichgültigkeit gegenüber der Bundeswehr

Berlin (RP). Den Wechsel von der Wehrpflicht zur Freiwilligenarmee begleitet Bundespräsident Christian Wulff mit Befürchtungen.

2011: Zeitenwende bei der Bundeswehr
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Foto: dapd

Berlin (RP). Den Wechsel von der Wehrpflicht zur Freiwilligenarmee begleitet Bundespräsident Christian Wulff mit Befürchtungen.

"Ihre Freiwilligkeit darf nicht zu Gleichgültigkeit in der Gesellschaft führen — hier mache ich mir durchaus Sorgen", sagte das Staatsoberhaupt am Abend vor dem Reichstagsgebäude, wo erstmals nicht mehr Wehrpflichtige sondern freiwillig Wehrdienstleistende ihr feierliches Gelöbnis ablegten. Die 470 Rekrutinnen und Rekruten hatten ihren Dienst am 4. Juli, also nach der offiziellen Aussetzung der Wehrpflicht, angetreten.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière stellte die Bedeutung des Dienens für Deutschland herausgestellt. "Ohne Dienst gibt es kein Gemeinwesen", sagte der CDU-Politiker. Wulff beschwor den Geist der Bundeswehr, der sich mit dem Aussetzen der Wehrpflicht nicht ändern dürfe. Die freiwillig Wehrdienstleistenden hätten sich vermutlich sehr bewusst mit der Werteordnung auseinandergesetzt und seien nicht nur zu dem Schluss gekommen, dass "etwas" getan werden müsse, sondern dass "ich etwas tun muss". Der Bundespräsident mahnte, dass sich auch der Geist nicht ändern dürfe, in dem die Bürger der Bundeswehr gegenüber träten. "Die Bundeswehr gehört in unsere Mitte, in unsere Schulen und Hochschulen, auf öffentliche Plätze", betonte Wulff.

Der von den Soldaten gesprochene Gelöbnis-Text hat sich jedenfalls nicht geändert: "Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen, und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen" — das Wort "freiwillig" musste man sich hinzudenken. Wulff sprach in Begleitung de Maizières anschließend einige Rekruten direkt an. Wie lange er denn bleiben wolle, fragte er einen Heeressoldaten. "Noch 23 Monate — erst einmal", lautete die Antwort. Es könnten auch mehr werden?, wollte Wulff wissen. Als ein Nicken die Antwort war, fügte Wulff hinzu: "Ich wünsche Ihnen positive Erlebnisse." Mit Blick auf die künftige Verwendung der meisten Soldaten stellte das Staatsoberhaupt fest: "Ohne das Wachbataillon wäre ein Bundespräsident aufgeschmissen." De Maizière bemerkte: "Früher hätte man Leibgarde dazu gesagt."

Wulff stellte in seiner Rede einen direkten Zusammenhang zwischen den Rekruten und dem Jahrestag des Widerstandes gegen Hitler heraus. Traditionell findet das zentrale Gelöbnis am 20. Juli statt. An diesem Tag hatte vor 67 Jahren Oberst Claus Graf von Stauffenberg versucht, Hitler mit einer Bombe zu töten und reichsweit einen Umsturz zu organisieren. Das Attentat scheiterte, und Stauffenberg wurde noch am selben Abend mit Vertrauten im Bendlerblock, dem jetzigen Verteidigungsministerium, hingerichtet. An die Rekruten gewandt sagte Wulff: "Sie verteidigen, wofür die Menschen des Widerstandes gekämpft, gelitten und viele mit ihrem Leben bezahlt haben: Mitmenschlichkeit und Anstand, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit, eine offene und menschenwürdige Gesellschaft".

Das Parlamentsgebäude als Kulisse des Gelöbnisses nahm Wulff zum Anlass, das "hohe Gut" zu unterstreichen, dass die Bundeswehreinsätze nicht von der Regierung, sondern vom Parlament entschieden würden. Dieses sei der "eindrucksvolle Beweis dafür, dass unsere Bundeswehr im Auftrag des deutschen Volkes handelt". Daraus leite sich andererseits auch die Aufgabe ab, "die Notwendigkeit aller Einsätze immer und immer wieder glaubhaft zu vermitteln", betonte Wulff.

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