Koalitionszwist und Opel-Rettung Woche der Wahrheit für Rüttgers

Düsseldorf (RP). Nach sechs Tagen in den USA warten auf den Ministerpräsidenten in NRW die Probleme: In der CDU-FDP-Koalition fliegen die Fetzen, ein Ministerposten muss besetzt werden. Und natürlich ist da immer noch Opel.

Rüttgers in Detroit
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Eine Woche lang ist Jürgen Rüttgers (CDU) kreuz und quer durch die USA gedüst, von einem Termin zum anderen, von einem Gespräch zum nächsten. Ein schlauchendes Programm. Aber Rüttgers wird keine Zeit haben, sich vom Jetlag zu erholen. Zurück in Düsseldorf warten jede Menge Probleme auf den Ministerpräsidenten und CDU-Landeschef. Es wird für ihn eine Woche der Wahrheit.

Opel bleibt das Top-Thema: Dass Rüttgers als einziger deutscher Politiker mitten in der Auto-Krise einen Termin bei GM-Boss Rick Wagoner hatte, katapultierte ihn unversehens in die Rolle des Heilsbringers. Tausende Opel-Werker, die um ihren Job bangen, waren erst einmal erleichtert, dass Rüttgers verkünden konnte, die Amerikaner hätten bisher keine konkreten Pläne für irgendwelche Werksschließungen in Europa. Folglich auch nicht für den NRW-Standort Bochum, der als besonders gefährdet gilt.

Gerettet sind die Opel-Werke damit freilich noch lange nicht. Für die schwarz-gelbe Landesregierung, die schon von den Krisen bei BenQ und Nokia kalt erwischt wurde, wäre die Schließung von Opel Bochum mit seinen rund 6000 Arbeitsplätzen neben der wirtschaftlichen auch eine politische Katastrophe ­ zumal Rüttgers jetzt auch persönlich als eine der Schlüsselfiguren beim Kampf um Opel gilt. Und das politische Hauen und Stechen um mögliche Staatshilfen für den angeschlagenen Autobauer hat gerade erst so richtig begonnen.

Streit in der Koalition

Der Streit in der Regierungskoalition ist neben den Folgen der Wirtschaftskrise für NRW Rüttgers‘ nächste große Sorge. Er muss jetzt ganz schnell für Ordnung in seiner Regierungsmannschaft sorgen, die zuletzt ein desaströses Bild abgab. Nachdem der NRW-Verfassungsgerichtshof am Mittwoch die Vorverlegung der Kommunalwahl auf den Termin der Europawahl am 7. Juni gekippt hatte, flogen in der CDU-FDP-Koalition nur so die Fetzen.

Ungewöhnlich harsch gab CDU-Fraktionschef Helmut Stahl FDP-Innenminister Ingo Wolf die Schuld an der Pleite. Weil er nicht persönlich vor Gericht erschienen sei, habe der Liberale die Angelegenheit "versemmelt", grollte der CDU-Mann. Die Liberalen schossen zurück, sie würden sich nicht den Schwarzen Peter zuschieben lassen. FDP-Generalsekretär Christian Lindner forderte mehr "Loyalität" vom Koalitionspartner. Herzliches Einvernehmen in einer Regierung hört sich anders an.

Obendrein gibt es Personalprobleme. Weil kaum jemand glauben mochte, dass die CDU-Leute ohne Rüttgers‘ Billigung derartig über den Innenminister hergefallen sind, kochten prompt Spekulationen über eine bevorstehende Kabinettsumbildung in Düsseldorf hoch. Da ist Rüttgers ohnehin in Zugzwang, seit ihm sein Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) abhanden gekommen ist.

Personalprobleme im Kabinett

Wenige Tage bevor Rüttgers in die USA aufbrach, war Wittke zurückgetreten, weil er mit Tempo 109 durch eine geschlossene Ortschaft gerast war. Zwar streute die Staatskanzlei, Rüttgers wolle sich bei dieser Personalentscheidung nicht hetzen lassen. Doch je länger der Regierungschef bei der Besetzung des vakanten Postens zaudert, desto größer droht die Unruhe im Kabinett zu werden. Schon stichelte FDP-Fraktionschef Gerhard Papke, es sei doch sicher gar nicht so schwierig, einen geeigneten Nachfolger für Wittke zu finden.

In Wirklichkeit hat Rüttgers gleich auf mehreren Posten in seiner Mannschaft Sorgen. So gilt neben Innenminister Wolf auch seine Kollegin vom Schulressort, Barbara Sommer, wegen zahlreicher Pannen als angeschlagen. Zuletzt musste sich Sommer am Freitag vom Leipziger Bundesverwaltungsgericht für die geltenden Regelungen zur Einstellung von beamteten Lehrern in NRW rügen lassen.

Ärger im Landesverband

Ärger gibt es auch mit der NRW-CDU. Rüttgers' Partei sorgte zuletzt ebenfalls für negative Schlagzeilen. So hatte sich Philipp Mißfelder, für die NRW-CDU Abgeordneter im Bundestag, abfällig über Hartz-IV-Empfänger geäußert: "Die Erhöhung von Hartz IV war ein Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie."

Der Spruch löste Empörung aus, bis in Unionskreise hinein. Zuvor schon hatte die "Klüngel-Affäre" um hochdotierte Beraterverträge, die die Kölner Sparkasse unter anderem auch an CDU-Politiker vergeben hatte, einige Unruhe ausgelöst. Die Verstrickung von Parteifreunden in dubiose Machenschaften ist, zumal im Kommunalwahljahr, keine gute Nachricht für NRW-Parteichef Rüttgers.

Der Ministerpräsident weiß, worum es geht: Noch steht die CDU in NRW deutlich besser da als im Bund. Wären jetzt Landtagswahlen, das zeigen die letzten Umfragen, dann müsste sich Rüttgers um seine Wiederwahl keine Sorgen machen: Die CDU käme auf mehr als 40 Prozent. Rüttgers selbst würde bei einer Direktwahl sogar deutlich über 50 Prozent einfahren. Aber die Wahl ist erst 2010. Und bis dahin kann noch viel schiefgehen.

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