Linke und die AfD Linke und rechte Putin-Freunde im Bundestag

Berlin · Russlands Präsident dürfte sich die Hände reiben: Nach der Bundestagswahl zieht eine neue, starke Fraktion ins deutsche Parlament, die ihm freundlich gesonnen ist - die AfD. Das kannte man bisher nur von der Linken.

 Russlands Präsident Wladimir Putin (Archivfoto)

Russlands Präsident Wladimir Putin (Archivfoto)

Foto: ap, AZ

Dreieinhalb Jahre sind vergangen, seit Russland das Völkerrecht brach und sich die Krim einverleibte. Seither zeigt sich Wladimir Putin selbst von harten Sanktionen des Westens unbeeindruckt. Sie haben den russischen Präsidenten nicht von machtpolitischen Alleingängen abgebracht, wie die Intervention in Syrien bestätigt. In der Ost-Ukraine schießen noch immer jeden Tag pro-russische Separatisten mit Waffen, die ihnen Moskau liefert.

Im Osten nichts Neues.

Dafür tut sich umso mehr im Westen. Auch ohne ein Zeichen russischen Entgegenkommens wächst hierzulande die Zahl der Putin-Versteher. Und in der AfD wird bald eine weitere Fraktion im Bundestag vertreten sein, die den Kreml-Chef kaum als den skrupellosen Autokraten darstellen dürfte, der er ist.

Pardon für Putin - damit tat sich bisher vor allem die Linke hervor. Der Verzicht auf Verurteilung der Krim-Annexion, die Absage an Sanktionen und die Forderung, die Nato durch ein Bündnis unter Einbeziehung Russlands zu ersetzen, machen deutlich, wie tief die Linke in der Vorgängerorganisation SED und deren Moskau-Treue wurzelt. Dass ihr dabei der Newcomer vom genau gegenüberliegenden Rand des politischen Spektrums zur Seite springt, erscheint wie ein Witz. Aber AfD-Fraktionschef Alexander Gauland klingt fast wie seine Kollegin von der Linken, Sahra Wagenknecht, wenn er sagt: "Die Krim kommt nie wieder zur Ukraine zurück. Die Sanktionen bringen nichts."

Wirtschaftliche Interessen bei den anderen

Zwar gibt es auch aus Union, SPD und FDP immer wieder Vorstöße für mildere Strafen gegen Russland. Dahinter stehen vor allem wirtschaftliche Interessen. Niemand verknüpft dies mit einer Lockerung der Westbindung Deutschlands. Neben Linken aber sind es vor allem AfD-Anhänger, die zugleich die Nato-Mitgliedschaft in Zweifel ziehen. Wohl fanden Anträge, das Bündnis zu verlassen, auf AfD-Parteitagen bisher keine Mehrheit. Doch sehen nicht wenige in der Präsenz ausländischer Truppen im Land eine Einschränkung staatlicher Souveränität.

Die Sympathiewerte für den russischen Präsidenten liegen im linken wie im rechten Lager auf fast identisch hohem Niveau: Laut einer Forsa-Umfrage erklären 30 Prozent der AfD-Anhänger und 31 Prozent der Unterstützer der Linken, sie vertrauten Putin mehr als Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bei CDU- und SPD-Sympathisanten sagen das drei bzw. vier Prozent, bei den Grünen zwei und bei der FDP sechs Prozent. Schon sieht Gauland Möglichkeiten der parlamentarischen Zusammenarbeit.

Fremdenfeindlichkeit und Homophobie

"Wenn die Linke vernünftige Anträge stellt, wie die Aufhebung der Russland-Sanktionen, werden wir diese unterstützen." Dass man in der AfD Bewunderung für einen Präsidenten hegt, der sich als jemand inszeniert, der sein Land im Griff hat, der das traditionelle Bild der Familie hochhält, Verständnis für Fremdenfeindlichkeit oder Homophobie signalisiert, erscheint nachvollziehbar. Putin ist kein Freund offener, westlicher Gesellschaften - die AfD erkennbar auch nicht.

Als "christliches Bollwerk gegen eine islamische Landnahme" pries Fraktionschef Gauland Russland bei einem Auftritt in Pforzheim. Kein Zufall: Dort leben besonders viele Russlanddeutsche. Unter den mehr als vier Millionen, die ins Land kamen, hatte die CDU stets eine starke Anhängerschaft. Inzwischen wählen viele AfD. Als Gründe nennt das "Netzwerk der Russlanddeutschen in der AfD" "die Ukraine-Krise, die harte Linie Angela Merkels gegenüber Russland und das Asylchaos". Da bietet sich die AfD, deren Anhänger zu 78 Prozent Putins Behauptung zustimmen, der Westen behandele Russland so feindselig wie im Kalten Krieg, als neue politische Heimat an.

Reise in die Ukraine

Im April 2016 reiste der AfD-Europaabgeordnete und damalige Landesvorsitzende von NRW, Marcus Pretzell, auf die Krim, um dort ein ausgesuchtes Publikum mit seiner Forderung nach sofortiger Beendigung der EU-Sanktionen zu begeistern. Das war aus ukrainischer Sicht nicht nur illegal, sondern geschah auch auf Einladung einer russischen Stiftung, die den Trip bezahlte. Auch Gauland, der bestreitet, Gesprächspartner in Russland zu haben, ließ sich 2016 von der Stiftung "Sankt Basilius" nach St. Petersburg einladen, die der Putin-nahe Unternehmer Konstantin Malofejew gegründet hatte. Der bezeichnet die AfD als "erste politische Kraft im Land nach dem Krieg, die nicht amerikanisch ist". Gauland traf zudem den rechtsradikalen Kreml-Vordenker Alexander Dugin, der sich selbst als antiwestlichen Ideologen bezeichnet.

Zwei-Plus-Vier-Vertrag wird ignoriert

Der Westen habe das bei der Wiedervereinigung gegebene Versprechen gebrochen, die Nato nicht nach Osten auszudehnen, greift Gauland gern ein Argument Putins auf. Auch das ist nicht korrekt. Zwar soll sich der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher gegenüber dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow unmittelbar nach dem Mauerfall ähnlich geäußert haben. Doch im entscheidenden Zwei-Plus-Vier-Vertrag findet sich nirgendwo eine derartige Vereinbarung. Wieso auch? Die UdSSR hatte 1975 in der Schlussakte von Helsinki die Souveränität von Staaten bei der Regelung ihrer Bündniszugehörigkeit anerkannt.

Kein Verrat des Westens

Vereinbart wurden 1990 vielmehr die volle Nato-Zugehörigkeit Deutschlands und der Abzug der sowjetischen Truppen gegen die Zahlung von zwölf Milliarden D-Mark - Geld, das die marode Sowjetunion dringend brauchte. Aus Dresden wurde im Februar 1990 ein Oberstleutnant des KGB abgezogen, den die Geschehnisse zutiefst verbittert hatten. Seine Name: Wladimir Putin.

Einen Verrat des Westens an Russland hat es nie gegeben, wohl aber einen Verrat Putins an der europäischen Friedensordnung. Diese Wahrheit im Bundestag zu verteidigen, wird wichtiger werden.

(RP)
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