Vor Ministerpräsidentenkonferenz Wirtschaft warnt: Ladenschließungen schaden allen

Berlin · Die Immobilienwirtschaft will Testzentren unterstützen und warnt vor einem verlängerten Lockdown. Es sei nicht überraschend, dass die Inzidenzwerte steigen, wenn mehr getestet werde. Deshalb verlangt sie einen „gewichteten Risikowert“ als Ausrichtung für Entscheidungen der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag.

 Kurz vor Öffnen eines Modegeschäftes in Essen nach mehrwöchigem Lockdown.

Kurz vor Öffnen eines Modegeschäftes in Essen nach mehrwöchigem Lockdown.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Am Wochenende vor der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am Montag schwindet die Hoffnungen auf weitere Lockerungen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Freitag voraus, dass die steigenden Fallzahlen bedeuteten, in den nächsten Wochen keine weiteren Öffnungsschritte gehen zu können. Die Immobilienwirtschaft nannte diese Aussicht verheerend. „Ladenschließungen helfen niemandem, sondern schaden allen“, sagte Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilienausschusses, dem Spitzenverband der deutschen Immobilienwirtschaft (ZIA), unserer Redaktion.

Mattner empfahl dringend, nicht länger nur auf Inzidenz-Zahlen zu starren. Stattdessen biete sich ein gewichteter Risikowert an der sich sowohl aus der Zahl der tatsächlich symptomatisch Erkrankten als auch aus der Bettenbelegungszahl und den Kapazitäten der Krankenhäuser zusammensetze. „Viele Staaten haben Corona-Ampeln und daher wie Österreich die Läden geöffnet“, unterstrich Mattner. Die Abkehr von der reinen Inzidenzfixierung sei bei steigenden Zahlen von Testungen umso wichtiger.

„Deutschland stellt sich selbst ein Bein, wenn es risikolose Bereiche schließt, mehr als 1,5 Millionen Arbeitsplätze aufs Spiel setzt und damit zudem Hilfsprogramme nötig macht“, erklärte der ZIA-Präsident. Es sei doch jedem klar gewesen, dass die Inzidenz steige, wenn mehr getestet werde. Mattner sprach von einem niedrigen Infektionsrisiko im Einzelhandel und verwies dabei auf umfassende Hygienekonzepte und die fast 40 Millionen Kundenkontakte, die es jeden Tag im durchgehend geöffneten Lebensmitteleinzelhandel gebe.

Der ZIA will mit seinen Mitgliedern aus dem Bereich Handel und Handelsimmobilien leicht zugängliche Testeinrichtungen in und vor großen Zentren unterstützen. Damit solle gezieltes Testen ermöglicht und die schnelle Erfassung von infizierten Personen erreicht werden. „Wir können damit eine bessere Grundlage für eine Unterbrechung von Infektionsketten schaffen und das Gesundheitssystem entlasten“, unterstrich Mattner.

Immer mehr Bundesländer überschreiten in diesen Tagen die Inzidenz-Marke von 100, ab der nach der Verständigung beim vorangegangenen Treffen der Regierungschefs Öffnungen zurückgenommen werden sollen. „Wir müssen zurück in den Lockdown“, verlangte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Spahn meinte, dass noch ein „langer Atem“ gebraucht werde. Hamburg löste bereits die „Notbremse“ aus und verfügte, dass Einzelhandel, körpernahe Dienstleistungen, Museen und Galerien von diesem Samstag an wieder geschlossen bleiben müssen.

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