Die Konzepte der Parteien Wirtschaft kritisiert Rentenpläne der Union

Berlin · Allein in der Union gibt es sechs verschiedene Vorschläge zur Reform der Rente, die alle die künftig zu erwartende Altersarmut eindämmen sollen. Wirtschaft und Liberale fürchten, dass es zu einem sehr teuren Kompromiss kommen könnte.

Zuschussrente, Garantierente, Solidarrente - die Konzepte im Check
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Foto: dpa, Klaus-Dietmar Gabbert

Die deutsche Wirtschaft hat die Bundesregierung vor teuren Renten-Beschlüssen gewarnt. Die geforderte Anhebung der Mütterrenten "wäre eine äußerst schwere Belastung für die Rentenfinanzen", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Die Kosten würden sich 2030 auf etwa sieben Milliarden Euro belaufen. "Damit wird der gesamte Einspareffekt der Rente mit 67 aufgebraucht", sagte Hundt.

Auch die geplante Zuschussrente steht in der Kritik. Sie missachte den Grundsatz der gesetzlichen Rentenversicherung, "dass die spätere Rente von der Höhe der eingezahlten Beiträge abhängt. Das schwächt die Akzeptanz der Rentenversicherung, anstatt sie zu stärken", betonte Hundt.

"Leistungen ohne Gegenfinanzierung"

Der Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann, sagte: "Ich sehe die aktuellen Entwicklungen in der Rentendebatte mit Sorge. Hier werden viele neue teure Leistungen ohne eine solide Gegenfinanzierung diskutiert." Auch Handwerkspräsident Otto Kentzler kritisierte die geplante Anhebung der Mütterrenten. Die Ausweitung der Kindererziehungszeiten für künftige Rentnerinnen "würde vor allem die vorwiegend ab Ende dieses Jahrzehnts in Rente gehenden Mütter besserstellen, die in der Mehrheit gut im familiären Kontext im Alter abgesichert sind", sagte Kentzler.

Die Sozialexperten der Union trafen sich gestern Abend in Berlin. Dabei kamen alle Vorschläge und ihre Kosten zur Rentenreform auf den Tisch. Wie aus den Unterlagen für das Treffen, die unserer Zeitung vorliegen, hervorgeht, geht es um Mehrausgaben in Milliardenhöhe. Viele Vorschläge starten im Jahr des Inkrafttretens mit rund 100 Millionen Euro und wachsen zu einem Milliardenbetrag an.

Die Rentenkonzepte

Zuschussrente — Zuschlag für Geringverdiener. Für die Zuschussrente kämpft Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Unter bestimmten Voraussetzungen soll langjährigen Versicherten die Rente auf 850 Euro pro Monat erhöht werden. Die Zuschussrente ist weitgehend gegenfinanziert. Für die Jahre 2013 bis 2024 fehlen insgesamt noch 1,6 Milliarden Euro, die von der Leyen gerne aus Steuermitteln nehmen würde, damit auch der Wirtschaftsflügel ihrer Partei und die FDP das Konzept akzeptieren. Kosten insgesamt: Sie steigen ab 2013 von Jahr zu Jahr und werden 2030 dann rund 3,4 Milliarden Euro betragen.

Mindestrente — Zuschlag für Geringverdiener. Auch der Arbeitnehmerflügel der CDU will mit der Mindestrente langjährige Geringverdiener besser stellen. Ihr Vorschlag, die Renten aufzuwerten, ist nah an dem, was die Arbeitsministerin will. Die Rente nach Mindesteinkommen würde im Jahr 2030 allein 2,2 Milliarden Euro kosten. Die CDA hat noch eine Reihe weiterer Wünsche: So sollen Senioren, die in der Grundsicherung landen, einen Teil ihrer privaten Vorsorge behalten dürfen. Zudem sollen Mütter und Erwerbsminderungsrentner besser gestellt werden. Kosten insgesamt: 18,9 Milliarden Euro.

Mütterrente — Besserstellung von älteren Müttern. Ursprünglich kommt die Forderung von der Frauenunion, wonach Müttern, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben, mehr Erziehungszeiten angerechnet und damit ihre Renten erhöht werden sollen. Der Vorstoß findet immer mehr Anhänger. Auch die CSU hat sich den Vorschlag auf die Fahnen geschrieben. CSU-Chef Horst Seehofer will zudem auch pflegende Angehörige besser stellen. Kosten: Die Mütterrente kostet nach dem Vorschlag der CSU, wonach nur Neurentnerinnen den Zuschlag erhalten sollen, im ersten Jahr 200 Millionen Euro, wächst aber bis 2030 auf sieben Milliarden Euro pro Jahr an. Für die pflegenden Angehörigen kämen noch einmal fünf Milliarden Euro hinzu.

Solidarrente — Rentenkonzept der SPD. SPD-Chef Sigmar Gabriel könnte sich mit dem CDU-Arbeitnehmerflügel und der Arbeitsministerin wahrscheinlich schneller einigen, als die Liberalen dies vermögen. Nach dem Konzept der Sozialdemokraten sollen Geringverdiener und Arbeitnehmer mit längeren Phasen der Arbeitslosigkeit, die aber mindestens 30 Jahre Beiträge gezahlt haben, eine Mindestrente von 850 Euro erhalten. Finanziert werden soll dies über Steuern. Kosten: Die Solidarrente wird sich nach Schätzungen auf bis zu zehn Milliarden Euro im Jahr summieren.

Keine neue Rente — Vorschläge der Jungen Gruppe und der Liberalen. Eine zentrale Frage in der Rentendebatte ist, ob die Vorsorge gegen Altersarmut durch neue Leistungen im Rentensystem gelöst wird, wie dies Zuschuss-, Mindest-, Mütter- und Solidarrente vorsehen, oder ob es eine Lösung außerhalb des Rentensystems gibt. Dies fordert die Junge Gruppe der Union und auch die FDP. Nach ihren Vorschlägen sollen Senioren, die wegen einer zu niedrigen Rente in der Grundsicherung landen, den Großteil ihrer privaten Altersvorsorge behalten dürfen. Normalerweise werden Beziehern von Grundsicherung alle anderen Einkommen angerechnet. Kosten: Dieses Konzept ist das am wenigsten kostenträchtige. Die zusätzlichen Ausgaben in der Grundsicherung werden von der CDU auf 1,5 bis 2,5 Milliarden Euro geschätzt. Die Liberalen gehen davon aus, dass ihr Vorschlag nur 500 Millionen bis 1,5 Milliarden Euro pro Jahr kosten wird.

(qua/mar)
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