Interview mit Armin Laschet "Wir brauchen Islam-Unterricht"

Düsseldorf (RP). NRW-Jugendminister Armin Laschet (CDU) über die Wahlchancen der Union, die Krise bei Opel und neue Schulden sowie den Streit mit Polen um Erika Steinbach, Präsidentin des Bundes der Vertriebenen

Interview mit Armin Laschet: "Wir brauchen Islam-Unterricht"
Foto: ddp

Herr Laschet, in den aktuellen Umfragen legt nicht die Union, sondern die FDP zu. Woran liegt das?

Laschet Bei der FDP setzt sich derzeit noch das Meinungshoch nach der Hessen-Wahl fort. Dort war klar: Wer die Liberalen wählt, stimmt für einen Ministerpräsidenten Koch und für ein schwarz-gelbes Bündnis. Das ist bei der Bundestagswahl anders. Da kann man mit einer Stimme für die FDP möglicherweise dem SPD-Kandidaten zur Kanzlerschaft verhelfen. Ich bin zuversichtlich, dass die Unionswähler das wissen.

Spielt nicht auch das Hickhack um den Termin für die Kommunalwahl eine Rolle?

Laschet Nein. Wir müssen deutlicher machen, dass eine Bundestagswahl immer kommunale Themen überlagert. Das entspricht nicht meinem Demokratieverständnis.

Sind die hohen Kosten für eine separate Kommunalwahl im August für Sie kein Argument?

Laschet Nein. Wer mehr Volksbegehren, Volksentscheide, Bürgerbeteiligung will, kann nicht dagegen sein, dass alle vier Jahre eigenständige Wahlen stattfinden. Wer mit falschen Kostenzahlen Stimmung gegen Wahlen macht, hat Angst vor dem Wähler. Aber am billigsten wäre es, alle Wahlen an einem Tag auf einem Stimmzettel zu machen. Oder gar nicht mehr zu wählen. Geiz ist geil ist kein Prinzip in einer Demokratie.

Wie viel Staat darf es bei Opel sein?

Laschet Staat darf nicht durch Bürgschaften den Wettbewerb verzerren. Aber die Bürger erwarten zu Recht, dass er alles tut, um wettbewerbsfähige Strukturen in einer Weltwirtschaftskrise zu erhalten.

Das heißt?

Laschet Dass ein Ministerpräsident auch in den USA für Arbeitsplätze in seinem Land kämpft und dass Bund, Länder und Europa bei der Herauslösung von Opel aus einem Weltkonzern wie GM alles tun, um eine solche einzigartige Übergangsphase zu begleiten und zu unterstützen, auch mit Steuergeld.

In diesem Jahr wird sich NRW verschulden wie lange nicht mehr...

Laschet Das liegt ausschließlich an der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Wir haben seit 2005 den Haushalt konsolidiert und eine solide Finanzpolitik gemacht. Auch die Opposition würde jetzt ja trotz allen Klamauks nicht gegen die Krise ansparen.

NRW baut die Betreuung für Kinder unter drei Jahren (U3) massiv aus. Das wäre vor Jahren in der Union kaum durchsetzbar gewesen...

Laschet In der Tat findet unsere moderne Familienpolitik immer mehr Zustimmung. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist kaum noch umstritten. Wir werden in diesem Jahr 86.000 Betreuungsplätze für Unter-Dreijährige haben. Bis 2013 sollen es 144.000 sein. Das wäre für jedes dritte Kind ein Platz. Die Schlussbilanz von Rot-Grün waren 11.000 Plätze im Jahr 2005.

Von Beitragsfreiheit für die Kitas halten Sie nach wie vor nichts?

Laschet Jedenfalls vorerst nicht. Nach der rasanten quantitativen Steigerung muss es zuerst um mehr Qualität, eine bessere Aus- und Fortbildung und eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen gehen.

Können Sie zu diesem Beruf raten?

Laschet Ja. Mit KiBiz brauchen wir 7500 zusätzliche Erzieher. Frühkindliche Bildung hat Zukunft.

Polen will verhindern, dass die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach (CDU), einen Sitz im Beirat der Vertriebenen-Stiftung in Berlin erhält. Was sagen Sie als CDU-Bundesvorstandsmitglied dazu?

Laschet Ich hatte anfangs Verständnis für Polens Gefühlslage, dass in der Erinnerungskultur Berlins an die Opfer des Holocaust mit einem Mahnmal und an die deutschen Opfer der Vertreibung erinnert wird, nicht aber an den Vernichtungskrieg der Nazis, dessen erstes Opfer Polen war. Aber nachdem die polnische Sichtweise in die Planung des Dokumentationszentrums übernommen wurde, sollte Polen akzeptieren, dass jedes Land seine Beiratsmitglieder selbst bestimmt.

Auch Frau Steinbach?

Laschet Die Polen müssen Erika Steinbach nicht mögen, aber sie ist eine frei gewählte Abgeordnete, sie ist Demokratin und Präsidentin der deutschen Heimatvertriebenen. Das, was die SPD-Politiker Steinmeier und Gesine Schwan über sie verbreiten, ist unerträglich und verschärft den Konflikt. Frau Steinbach hat die Solidarität der CDU verdient.

Warum gibt es noch keinen islamischen Religionsunterricht in NRW?

Laschet Das ist ein rechtliches Problem. Die muslimischen Verbände sind keine Religionsgemeinschaft, die bekenntnisorientierten Religionsunterricht verantworten kann. Dennoch: Wir arbeiten mit Hochdruck, denn Religionsunterricht in deutscher Sprache und unter deutscher Schulaufsicht ist besser als Koranschulen in Hinterhöfen.

In Deutschland engagieren sich wenig Migranten in der Politik. Wird es je einen "deutschen Obama" geben?

Laschet Es muss ja nicht gleich Obama sein. Aber dass in keiner Fraktion des Landtag ein Abgeordneter mit Zuwanderungsgeschichte sitzt, muss sich dringend ändern.

Detlev Hüwel und Gerhard Voogt fassten das Gespräch zusammen.

(RP)
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