Politischer Aschermittwoch der CSU in Passau "Willkommen bei den Siegern"

Passau · Gegen den "größten Stammtisch der Welt" seien die Veranstaltungen der Konkurrenz nur "billige Raubkopien" sagt CSU-Chef Horst Seehofer – und teilt beim Politischen Aschermittwoch in Passau kräftig aus.

Prost und Politik: Aschermittwoch der Parteien 2014
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Gegen den "größten Stammtisch der Welt" seien die Veranstaltungen der Konkurrenz nur "billige Raubkopien" sagt CSU-Chef Horst Seehofer — und teilt beim Politischen Aschermittwoch in Passau kräftig aus.

Unter 4000 Fans herrscht Jubelstimmung bei einer Partei, die sich für die erfolgreichste des Kontinents hält. So viel Strauß war schon lange nicht mehr beim Politischen Aschermittwoch der CSU in Passau. Auf Videos lässt Generalsekretär Andreas Scheuer das legendäre CSU-Idol lebendig werden. Auch Ministerpräsident Horst Seehofer ist sich "sicher, dass Franz Josef heute auf uns mit Wohlgefallen blickt".

Denn der 1988 verstorbene CSU-Politiker steht für den "Mythos CSU" und ihrem Anspruch, Bayern mit absoluter Mehrheit zu regieren. Daran kann Seehofer seit dem "goldenen September" und den siegreichen Landtags- und Bundestagswahlen anknüpfen. "Willkommen bei den Siegern", ruft er kraftstrotzend.

"76 Prozent können nicht irren"

"Es ist keine Schande, wenn man nach dem Willen des Volkes Politik macht", sagt Seehofer, und beruft sich mit langsam heiser werdender Stimme auf Strauß. Nach 40 Minuten entscheidet er sich sogar zum Eigenlob: "76 Prozent der Bayern sind mit der Arbeit des Ministerpräsidenten zufrieden", stellt der bayerische Ministerpräsident fest. Er beschwört: "76 Prozent können nicht irren", und dann verrät Seehofer seine Gefühle angesichts dieser Umfrage: "Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schön das ist."

Der Erfolg macht ihn experimentierfreudig: Den Eurorebellen Peter Gauweiler hat er erst an die Parteispitze geholt und ihn dann zum Hauptredner in Passau gemacht. Gauweiler bleibt Gauweiler, mit eigenem Kopf und provokanten Formulierungen. Die EU-Kommission ist für ihn eine "Flaschenmannschaft", in Brüssel säßen "die nackten, dummen Kaiser zusammen", und auch zum Afghanistan-Einsatz geht er auf Distanz. Vor allem eine "verhängnisvolle These" stellt er in Frage: "Deutschland wird in der Münchner U-Bahn verteidigt, aber nicht am Hindukusch."

Gauweiler ist "patriotisch, wortgewaltig, unerschrocken"

Die Bereitschaft zu mehr Verantwortung Deutschlands in der Welt passt ihm gar nicht: "Militärische Verantwortung heißt auch Krieg!" Griffige Bilder sind seine Stärke. Wie die vom Unterschied zwischen der CSU und allen anderen Parteien, das sei wie der Vergleich zwischen einer "Fackel und einer Schachtel nasser Streichhölzer". Das Prinzip aller Aschermittwoch-Reden der CSU bringt er auf die Formel "Ja zur Freiheit und Nein zur Bevormundung". Seine Sondertouren beim Euro rechnet er sich im Kampf gegen eine Schuldenunion hoch an und wird dabei von Seehofer unterstützt, der Gauweiler einen "bayerischen Löwen" nennt: "Patriotisch, wortgewaltig, unerschrocken."

Am Thema, das die Welt in Atem hält, kann auch der Aschermittwoch nicht vorbei. Zur Ukraine-Krise bringt Gauweiler Strauß in Stellung, erinnert an dessen Reise nach Moskau 1988 und beschwört die Freundschaft mit Russland. Diese dürfe auch mit Blick auf die Ukraine nicht aufgegeben werden. Seehofer setzt auf "Besonnenheit und Diplomatie" und erntet Beifall mit seinem Appell: "Seien wir glücklich, dass Angela Merkel in der ganzen Welt respektiert wird und in solchen Fragen eine zentrale Rolle spielt."

Der Rücktritt von CSU-Bundesminister Hans-Peter Friedrich in der Edathy-Affäre schmerzt auch in Passau. Seehofer holt zum demonstrativen Schulterschluss aus. Friedrich habe in guter Absicht gehandelt und Schaden von der Koalition abgehalten, letztlich auch einen Beitrag für die politische Kultur geleistet. Sichtlich gerührt nimmt Friedrich den langen Applaus und die Botschaft der "vollen Solidarität" entgegen. An dieser Stelle vermeidet Seehofer Seitenhiebe gegen die Bundes-SPD, lediglich an der bayerischen SPD arbeitet er sich ab, als er sie aufruft, etwa bei der Abschmelzung bayerischer Zahlungen in den Länderfinanzausgleich mit der CSU zusammen zu arbeiten.

"SPD hat nur einen Oppermann"

Die Schelte an SPD-Chef Sigmar Gabriel wegen des Ausscherens von SPD-Ministerpräsidenten aus dem Doppelpass-Kompromiss überlässt Seehofer seinem Generalsekretär. Und der findet dann auch eine dezente Spitze in Richtung SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, wegen dessen öffentlicher Erklärung Friedrich unter Zugzwang geriet. "Wir haben mit Hans-Peter Friedrich einen Ehrenmann, die SPD nur einen Oppermann", ruft Scheuer. Und er deutet weitere Konsequenzen an: "Wer das Wasser nicht halten kann, darf nicht am Tisch von Mutti sitzen" — indirekt also die Aufforderung, den SPD-Fraktionschef von der Teilnahme am Koalitionsausschuss auszuschließen.

Der Generalsekretär bindet weitere Kernbotschaften der Aschermittwochsreden zusammen, auch den von Gauweiler und Seehofer angekündigten Widerstand der CSU gegen fortgesetzte Armutsmigration. Scheuer sagt es jedoch ungleich härter: "Wer schmarotzt, braucht gar nicht erst zu kommen." Für viele der laut Scheuer "gefühlten 10.000 hier im Saal" ist das genau die "klare Aussprache", wegen der sie nicht nur aus Bayern, sondern auch aus vielen weiteren Regionen Deutschlands nach Passau gereist sind. Unterstützt von mancher Maß Bier genießen sie das bayerische CSU-Gefühl und ihren Wahlerfolg, durch den, so Seehofer "Bayern wieder der schwärzeste Erdteil Europas" geworden sei.

(may-)
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