Streit um Afghanistan-Strategie Westerwelle und Guttenberg steuern auf Machtprobe zu

Düsseldorf (RPO). Die schwarz-gelbe Koalition kommt nicht zur Ruhe: Steuern, Türkei-Beitritt, Stiftungsrat, Afghanistan-Einsatz. Kaum scheint ein Streit notdürftig unter den Teppich gekehrt, bricht der nächste auf. Für die kommende Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London bahnt sich eine Machtprobe im Kabinett an. Auch beim Streitthema EU-Beitritt der Türkei verhärten sich die Fronten zunehmend.

Das ist Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
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Foto: dpa

Guido Westerwelle hat es nicht leicht. Das Amt des Außenministers ist zwar für gewöhnlich den Beliebtheitswerten zuträglich, eigene Akzente zu setzen ist allerdings schwer. Wichtige außenpolitische Themen reklamiert die Kanzlerin für sich und bei der Afghanistan-Politik funkt das Verteidigungsministerium dazwischen.

Streit um Truppenentsendung

Seine unnachgiebiege Haltung im Falle Afghanistan könnte die nächste Machtprobe der Koalition heraufbeschwören. Die Positionen zu einer möglichen Entsendung weiterer Bundeswehr-Soldaten liegen zwischen Verteidigungs- und Außenministerium offenbar weit auseinander. Nach Informationen von "Spiegel Online" lehnt Westerwelle eine frühzeitige deutsche Truppenaufstockung grundsätzlich ab, will stattdessen mehr für die Polizeiausbildung im Land tun. Verteidigungsminister zu Guttenberg (CSU) habe dagegen eher ein offenes Ohr für die Wünsche des transatlantischen Partners USA nach einer stärkeren deutschen Beteiligung.

Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zeichnet sich dagegen eine konkrete Truppenzusagen der Bundesregierung ab. Ob Westerwelle diese aber mittragen würde, sei bei der Kabinettsrunde offen geblieben. Klar ist jedenfalls, dass für den liberalen Außenminister eine Abzugsperspektive deutscher Soldaten im Mittelpunkt seiner Bemühungen steht.

Nahles: "Zusätzliche Kampftruppen lehnen wir ab"

Die Opposition macht sich wiederum die offensichtliche Zurückhaltung der Regierung im Falle Afghanistan zu Nutze. Drei Wochen vor Beginn der Afghanistan-Konferenz verlangt SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles von der Bundesregierung eine klare Kursbestimmung für das weitere deutsche Engagement in dem Land. Merkel sei jetzt gefordert, sagte Nahles am Freitag im Deutschlandfunk. Auch Außenminister Guido Westwelle (FDP) habe sich "bisher weggeduckt". Die SPD selbst hat sich in der wichtigsten Frage schon entscheiden: "Zusätzliche Kampftruppen lehnen wir ab", so Nahles.

Doch wer hat die Kompetenz im Falle Afghanistan? Klassischerweise müsste der Außenminister nach London reisen, so wie auch bei der vergangenen Afghanistan-Konferenz von Paris. Medienberichten zufolge gibt es jedoch Überlegungen des Kanzleramts, nach denen die Regierungschefin dort eine Rede halten will.

Streit um EU-Beitritt der Türkei

Ein Mann der leisen Töne wird Westerwelle wohl auch als Außenminister nicht werden. Bisher bewegte er sich eher ungeschickt auf dem internationalen Pakett, versucht mit klaren Worten ein außenpolitisches Profil zu formen — und schießt dabei schon mal über das Ziel hinaus: Großspurig drohte er einen möglichen Boykott der von Kanzlerin Angela Merkel mitinitiierten Afghanistan-Konferenz an, um diesen wenig später zu kassieren.

Auch abseits der Afghanistan-Differenzen fällt Westerwelle jüngst durch wenig diplomatisches Auftreten auf — gegenüber den eigenen Koalitionspartnern. Bei seinem Besuch in Ankara am Donnerstag stellte er die deutsche Position eindeutiger dar, als sie ist: Die Bundesregierung werde sich einem Türkei-Betritt zur EU nicht in den Weg stellen, erklärte er. Das sieht insbesondere die CSU völlig anders; Die Reaktion der CSU ließ jedenfalls nicht lange auf sich warten. Seine Partei habe immer deutlich gemacht, dass es bei dieser Frage in erster Linie um die Interessen Deutschlands und der Europäischen Union gehen müsse, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt im ARD am Freitag. Dies erforderte auch Fairness gegenüber der Türkei. "Und dazu gehört auch die Ehrlichkeit dazu, dass wir die Überzeugung haben, dass eine Vollmitgliedschaft der Türkei zur Europäischen Union nicht möglich ist."

Mit Material von Reuters und DDP

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