FDP-Parteitag in Köln Westerwelle spricht wie ein Außenminister

Köln (RPO). Der FDP-Parteitag in Köln erlebte an diesem Sonntag den anderen Vorsitzenden. In seiner Rede gab Westerwelle das Gegenteil des aggressiven Innenpolitikers aus der Hartz-IV-Debatte. Westerwelle kam als Staatsmann. Er räumte Fehler ein, mahnte zur Besonnenheit und wurde am Ende seiner langen Rede sogar emotional.

Die Beschlüsse des FDP-Parteitags
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Foto: ddp

Keine Ironie, keine bissigen Attacken, nur ganz zum Schluss die übliche FDP-Warnung vor Rot-Rot-Grün: Westerwelle nutzte seinen ersten Auftritt als Vizekanzler und Außenminister auf einem Bundesparteitag, um seinen Anhängern "umfassend zu schildern, dass es ein Unterschied ist, wenn man Regierungsverantwortung hat".

Die von vielen erwarteten Seitenhiebe auf den Koalitionspartner in Berlin - Guido Westerwelle überließ sie lieber seinen Parteikollegen. "Ich habe mir verkniffen, hier heute im Wesentlichen auf andere Parteien einzugehen", sagte der FDP-Chef abschließend am Sonntag in Köln.

Die FDP als einzige Partei, die Leistungsbereitschaft belohnt und als Partei, die jedem Gegenwind standhält - das waren die zentralen Botschaften seiner Rede.

Die Abteilung Attacke - auch in Richtung Union - teilten sich Parteivize Andreas Pinkwart und Generalsekretär Christian Lindner. "Wer Griechenland Milliarden an Hilfen in Aussicht stellt und sich dann vor die deutschen Arbeitnehmer und kleinen Betriebe stellt und sagt, für Euch ist kein Geld zur Entlastung da, der schlägt den Bürgern ins Gesicht", warnte Pinkwart am Samstag die CDU vor möglichen Abstrichen bei den Steuerentlastungen. Lindner kritisierte, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) äußere sich wie ein "Finanzphilosoph" und nicht wie ein Sanierer.

Außenminister Guido Westerwelle hingegen redete seinen Parteifreunden ins Gewissen. Griechenland wegen Haushaltstricksereien aus der Währungsunion ausschließen? Nein. Eine entsprechende Passage aus einem Antrag zur Stabilisierung des Euros solle man besser ersatzlos streichen. Ein Ausschluss von Haushaltssündern sei eine "Scheinlösung", weil der Vertrag über die Währungsunion einen solchen Schritt gar nicht hergebe. "Das sollte eine Regierungspartei sich nicht erlauben."

Vom FDP-Parteitag in Köln dürfe nicht das Signal übrigbleiben, dass man einen Ausschluss Griechenlands anstrebe, auch wenn Athen direkt gar nicht gemeint sei, warnte der Parteichef. In der gestrichenen Passage hieß es: "Unabhängig vom aktuellen Fall Griechenland muss in künftigen Fällen als ultima ratio daher sowohl die Möglichkeit des geordneten Austritts von Mitgliedern der Währungsunion wie auch, nach einem entsprechenden 'Vorwarnverfahren', der Ausschluss aus der Währungsunion eingeführt werden." Das betreffe Länder, die die Aufnahme in die Währungsunion nur mit unzutreffenden Daten erlangt oder immer wieder erheblich gegen die Regeln des Stabilitätspaktes verstoßen hätten.

Es blieb nicht allein bei Griechenland. Die Partei beschloss zudem mit großer Mehrheit das abgespeckte Steuerkonzept. Entlastungen von 16 Milliarden Euro in fünf Stufen ab 2012 statt drei Stufen ab 2011 sieht es vor. Während Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auch das eher skeptisch sehen, sorgte ein neuer Querschuss aus München für Irritationen. Gegenläufig zur Haltung der CDU plädierte CSU-Chef Horst Seehofer am Wochenende dafür, nun doch schon 2011 in die Entlastungen einzusteigen. "An uns soll das nicht liegen", sagte Lindner sogleich. Die Union müsse nun schleunigst klären, wie ihre Position insgesamt sei.

Erst mit mehrstündiger Verzögerung nahm der Parteitag am Samstagnachmittag Fahrt auf - die Trauerfeier für die in Afghanistan getöteten Soldaten, an der Westerwelle teilnahm, hatte den Ablauf auf den Kopf gestellt. So bildete der Auftritt Lindners den Höhepunkt des ersten Tages. Der 31-jährige Nachwuchs-Star der FDP, der mit dem Rekordergebnis von über 95 Prozent offiziell ins Amt gewählt wurde, holte die Delegierten mit seiner schwungvollen Rede aus den Stühlen. Westerwelle lobte ihn später als Generalsekretär, "der uns wirklich ziert und schmückt" - und nannte es einen Fehler, ihn erst nach langem Zögern ins Amt geholt zu haben.

Der Parteichef, der am Sonntag lange Zeit eher trocken über die liberalen Grundwerte und das bisher in Berlin Erreichte referiert hatte, wurde zum Schluss seiner Rede ungewohnt emotional. Mit einer Hand auf dem Herz dankte er seiner Partei für die Solidarität, die sie gerade dann gezeigt habe, "als die Kritik so richtig gehagelt hat, als es auch so richtig Sperrfeuer des politischen Gegners gab". Von dieser Solidarität "können sich andere Parteien eine dicke, fette Scheibe abschneiden", sagte Westerwelle. "Das vergesse ich Ihnen nicht."

Ob der FDP-Chef seiner Partei zwei Wochen vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen den erhofften Motivationsschub geben konnte, bleibt abzuwarten. Die schlechten Umfragewerte für die FDP im größten Bundesland wurden auf dem Parteitag kaum erwähnt, die Redner beschränkten sich auf die Warnung vor Rot-Rot-Grün und die ein oder andere Attacke auf den Koalitionspartner. Dem CDU-Ministerpräsidenten und Regierungspartner Jürgen Rüttgers etwa warf General Lindner vor, sich von dem Leitsatz "Privat vor Staat" verabschiedet zu haben.

Nach dem Traumergebnis von 14,6 Prozent bei der Bundestagswahl liegen die Liberalen im größten Bundesland in Umfragen nur zwischen fünf und acht Prozent. Dennoch gab Westerwelle am Rande des Parteitags für NRW unverdrossen das Wahlziel "zweistellig" aus. Sollte das aber nicht gelingen und Schwarz-Gelb nach dem 9. Mai sogar die Bundesratsmehrheit verlieren, dürfte neuer Gegenwind für die FDP aufziehen.

(AFP/APN)
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