Wehrpflicht zum 1. Juli ausgesetzt Weitreichende Bundeswehr-Reform beschlossen

Berlin (RPO). Die schwarz-gelbe Koalition hat sich auf eine weitreichende Bundeswehr-Reform verständigt, wobei die Details der Finanzierung nicht endgültig geklärt sind. Demnach soll die Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 kommen, die Truppe soll auf 185.000 Soldaten verkleinert werden. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hob am Freitag hervor, eine Sicherheitspolitik nach Kassenlage werde es nicht geben.

Merkel und Guttenberg wollen Wehrpflicht abschaffen
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Die Koalitionsspitzen stimmten bei ihren Beratungen der von Guttenberg geplanten Reform zu. Demnach soll die Truppe von bislang 250.000 auf 185.000 Soldaten verkleinert werden, bis zu 15.000 davon sollen künftig freiwillig Wehrdienstleistende sein. Die Wehrpflicht wird nach mehr als fünfzig Jahren zum 1. Juli ausgesetzt. Guttenberg sprach nach dem Treffen von einer "historischen Entscheidung". Vor allem in der CSU hatte es lange Widerstand gegen das Aussetzen der Wehrpflicht gegeben, die auch künftig im Grundgesetz verankert bleiben soll.

Beim Treffen des Koalitionsausschusses seien sich alle einig gewesen, "dass es keine Sicherheitspolitik nach Kassenlage geben soll und geben darf, sondern dass sich die Sicherheitspolitik danach richtet, was wir leisten müssen", sagte Guttenberg im ARD-"Morgenmagazin". Die Bundesregierung sei allerdings bemüht, auch die mittelfristige Finanzplanung einzuhalten.

Guttenberg muss 8,3 Milliarden Euro einsparen

Guttenberg muss in den kommenden Jahren 8,3 Milliarden Euro im Verteidigungsetat einsparen. Der Minister selbst hatte erst kürzlich Zweifel geäußert, dass dieser Sparbeitrag bei einer Truppenstärke von 185.000 Soldaten zu erbringen sei. Der CDU-Verteidigungspolitiker Ernst-Reinhard Beck schlug in der Berliner "tageszeitung" (Samstagsausgabe) vor, die geplanten Einsparungen im Verteidigungshaushalt wegen der Reform um ein bis zwei Jahre zu verschieben. Entscheidendes Kriterium bei der Bundeswehrreform müsse sein, was für die Sicherheit der Bürger notwendig sei und "nicht, was finanzierbar ist".

Die Koalitionsspitzen beschlossen zudem die Einrichtung eines Bundesfreiwilligendienstes, durch den der mit der Wehrpflicht-Aussetzung wegfallende Zivildienst kompensiert werden soll. Das entsprechende Gesetz soll wie die Änderung des Wehrpflichtgesetzes schon am Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) will etwa 35.000 Menschen für den Dienst gewinnen, die gleiche Anzahl Freiwilliger soll aus Initiativen wie dem Freiwilligen Sozialen Jahr oder dem Freiwilligen Ökologischen Jahr kommen. "Die Aussetzung der Wehrpflicht ist eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen der vergangenen zwanzig Jahre", erklärte Schröder.

Unklar ist auch, wie der zu erwartende Ansturm auf die Hochschulen durch das Aussetzen des Wehrdienstes finanziert werden soll. Das Bildungsministerium rechnet mit bis zu 59.000 weiteren Studienanfängern. Eine Sprecherin von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) wies Forderungen des CSU-Landesgruppenchefs Hans-Peter Friedrich zurück, ihr Ministerium müsse die Finanzierung übernehmen. Woher die zusätzlichen Mittel von Bundesseite kommen sollten, sei "Gegenstand von Verhandlungen", sagte die Sprecherin. Schavan erklärte, "angesichts des Fachkräftebedarfs sollten wir es als große Chance betrachten, dass mehr junge Leute in den nächsten Jahren früher eine Ausbildung oder ein Studium beginnen".

(AFP/awei)
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