Nach Morddrohung von Verschwörungstheoretiker Staatsanwaltschaft nimmt nun doch Ermittlungen gegen Attila Hildmann auf

Berlin · Die Staatsanwaltschaft in Cottbus hat gegen den Vegankoch Attila Hildmann nach dessen öffentlichen Lynchmordphantasien gegen den Grünen-Politiker Volker Beck ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Auch die Berliner Strafverfolger ermitteln nach einer Kundgebung mit Hildmann.

 Vegan-Kochbuch-Autor Atttila Hildmann.

Vegan-Kochbuch-Autor Atttila Hildmann.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Nach wachsenden Zweifeln in der Öffentlichkeit hat die Staatsanwaltschaft in Brandenburg nun doch ein Ermittlungsverfahren gegen Attila Hildmann aufgenommen.  Der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck hatte bereits Strafanzeige erstattet, nachdem Hildmann im Messenger-Dienst Telegram vor gut einer Woche erklärt hatte, er würde „für Beck als zukünftiger Reichskanzler wieder die Todesstrafe durch Eier-Treten auf öffentlichem Platz einführen“. An diesem Samstag wiederholte Hildmann die Aussage in einer öffentlichen Kundgebung. Nun ermittelt auch die Berliner Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung.

Beck selbst zeigte sich „sprachlos“, dass die Versammlungsbehörde keine Auflagen hinsichtlich Morddrohungen und -phantasien gemacht habe, obwohl Hildmann angekündigt habe, diese „Mordaufforderung“, so Beck, zum Thema seiner Rede zu machen. „Das kann und will ich nicht verstehen“, sagte Beck unserer Redaktion. „Sollen Morddrohungen zur neuen Normalität in diesen Zeiten werden?“

In den sozialen Netzwerken war das Unverständnis ausbleibender behördlicher Reaktionen immer größer geworden, obwohl offenbar bereits Hunderte von Strafanzeigen gegen den Vegan-Kochbuchautor eingegangen waren. Er hatte selbst bei der Kundgebung über sich selbst gesagt, er sei „stolz ein Ultrarechter“. Kurz zuvor hatte er  ausweislich von Video-Mitschnitten vom 18. Juli bekundet: „Hitler war ein Segen im Vergleich zur Kommunistin Merkel, denn sie plant mit Gates einen globalen Völkermord von sieben Milliarden Menschen“.

Nach der Einschätzung des stellvertretenden Unions-Fraktionsvorsitzenden Thorsten Frei durchläuft Hildmann einen „unglaublichen und extrem schnellen Radikalisierungsprozess vor den Augen der Öffentlichkeit“. Dennoch sei er kein unbeschriebenes Blatt, weil er bereits 2018 eine Strafanzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung bekommen habe. Nach der Überzeugung von Frei fallen Hildmanns Verschwörungstheorien „schon lange nicht mehr unter die Meinungsfreiheit“. Was Hildmann sage, sei „Hass und Hetze in Reinkultur“. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Hasskriminalität und Rechtsextremismus vom Juni seien die entsprechenden Vorschriften noch einmal nachgeschärft worden. Aus seiner Sicht erlaube der Rechtsrahmen eine „konsequente, effektive und harte Verfolgung von Hildmann“. Der Innenexperte warb dafür, dass das Signal des Rechtsstaats „nicht nur unmissverständlich, sondern auch möglichst schnell kommt“.

FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae nannte die Äußerungen Hildmanns „geschmacklos und abstoßend“. Der Mord an Walter Lübcke habe gezeigt, dass einer Verrohung der Sprache Taten folgen könnten. Die Gerichte hätten zu entscheiden, ob Hildmanns Äußerungen noch von der Meinungsfreiheit gedeckt seien oder den Tatbestand einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten erfüllten. Thomae sprach sich gegen gesetzgeberische Panikreaktionen aus. „Wir sollten uns vielmehr die Frage stellen, wie und warum ein rechtspopulistischer Fanatiker wie Attila Hildmann es schafft, so viele Menschen in Deutschland zu erreichen“, hob der Innenexperte hervor.

Die Grünen-Strafrechtsexpertin Canan Bayram brachte eine Gefährderansprache gegenüber Hildmann durch die Behörden ins Gespräch und verlangte zugleich Informationen und Unterstützung für die Gefährdeten. In den sozialen Netzwerken ist derweil eine Debatte über einen Boykott der Thalia-Buchhandelskette entbrannt, die offenbar am Verkauf von Hildmanns Kochbüchern festhält.

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